Nur nicht so enden wie die Ampel. Das ist das Ziel. Die Koalition aus Union und SPD hat sich vorgenommen, Unstimmigkeiten möglichst frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Zentrales Instrument dafür: der Koalitionsausschuss. Einmal im Monat wollen sich die Spitzen der Regierungsparteien treffen, um zentrale Vorhaben zu diskutieren. Am Mittwoch steht die erste Sitzung an. Und es gibt einigen Gesprächsbedarf.
Die Koalition trifft sich im „Drei + drei + drei + zwei“-Format. Sprich: Jede Partei – CDU, CSU und SPD - entsendet drei Vertreter, darunter die Parteichefs. Außerdem kommen von Union und SPD je ein sogenannter „Notetaker“ hinzu, wie es heißt. Sie haben aber vor allem Beobachterstatus. Nur nicht zu viele Leute, das ist der Plan. Man will das Format kompakt halten. Auch das soll Streit vorbeugen. Bei der Ampel waren in der Regel deutlich mehr Vertreter im Ausschuss dabei.
Für Markus Söder ist der Koalitionssausschuss ein Machtinstrument
Die Streitvermeidung läuft bisher aber nicht ganz ideal. Denn ausgerechnet das Gremium selbst hatte vorab für Unmut gesorgt. Die Union schickt nämlich ausschließlich Männer. Und die SPD mit Noch-Parteichefin Saskia Esken auch nur eine Frau. Vor allem unter Sozialdemokraten war Kritik zu vernehmen.
Weniger bekannt als die Zusammensetzung sind die konkreten Inhalte des Treffens. Selbst der sonst nicht gerade für Zurückhaltung bekannte Markus Söder schweigt sich beharrlich aus. Einen Tag vor der Premieren-Sitzung des Koalitionsausschusses wollen sich der CSU-Chef und seine Partei nicht äußern über ihre Ziele – womit für dieses Mal immerhin eines davon erreicht wäre: die Vermeidung eines öffentlichen Streits.

Und zumindest eine Absicht Söders dürfte ohnehin klar sein, und er hat sie mit der Etablierung des Gremiums auch schon erreicht: Der CSU-Chef sieht im Koalitionsausschuss nämlich eine Art Aufsichtsrat der neuen Bundesregierung, über den er selbst in Berlin mitregieren kann. Die anderen Parteichefs – bis auf die scheidende Saskia Esken – sitzen im Gegensatz zum bayerischen Ministerpräsidenten ohnehin in Berlin am Kabinettstisch. Söder aber wollte dort nicht hin, nachdem der Weg zur Kanzlerschaft verbaut war.
Zwar gab es einen Koalitionsausschuss auch in früheren Bündnissen schon. Dieses Mal will man aber regelmäßiger tagen. Vereinbart ist das im Koalitionsvertrag. Zu den Inhalten des Ausschusses heißt es dort: „Er berät Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die zwischen den Koalitionspartnern abgestimmt werden müssen, und führt in Konfliktfällen Konsens herbei.“
Die Kriege in Nahost und in der Ukraine sorgen für Unstimmigkeiten
Ein konfliktträchtiges Thema dürfte der Haushalt sein. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) kündigte am Dienstag milliardenschwere Investitionen an. „Wir fangen jetzt schon an, das Sondervermögen umzusetzen, und wollen schon in diesem Jahr die Investitionen massiv auf rund 110 Milliarden Euro erhöhen“, sagte der SPD-Politiker. Die Ampel war am Geld zerbrochen. Umso mehr dürfte die aktuelle Regierung hier Diskussionsbedarf sehen.
Außenpolitisch wird es wohl vor allem um die Kriege in Nahost und der Ukraine gehen. Aus der SPD wurden zuletzt vereinzelt Stimmen laut, Waffenlieferungen an Israel einzustellen. Im Außenministerium sieht man das dem Vernehmen nach kritisch. Kritik von den Sozialdemokraten kam auch an der Ankündigung von Friedrich Merz, die Reichweitenbeschränkung bei den Waffen für die Ukraine aufzuheben. Auch hier gibt es Diskussionsbedarf. Umso mehr, weil an diesem Mittwoch der ukrainische Präsident Selenskyj in Berlin erwartet wird.
Die Grünen machen Druck auf Union und SPD
Und dann ist da noch das Dauerthema Migration. Alexander Dobrindt will Verschärfungen beim Familiennachzug in das Kabinett einbringen. In der SPD ist Widerstand zu erwarten. „Den Familiennachzug einzuschränken, halte ich nach wie vor für falsch“, sagt der Abgeordnete Hakan Demir unserer Redaktion. „Menschen, die rechtmäßig in Deutschland leben, sollten mit ihrer Familie zusammenleben dürfen. Die Einschränkung ist ein schmerzhafter Kompromiss mit der Union.“ Zu diesem Kompromiss gehöre aber auch, dass das individuelle Asylrecht unangetastet bleibe. „Die SPD setzt sich zudem weiter für Härtefälle beim Familiennachzug ein.“
Druck kommt auch aus der Opposition. „Unsere Erwartung an diesen Koalitionsausschuss ist, dass die Regierung in möglichst vielen Fragen Einigkeit schafft und vor allem klar nach außen kommuniziert, was denn nun ihre Linie ist“, sagt Irene Mihalic, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, unserer Redaktion. „Das gilt insbesondere für die aus unserer Sicht europarechtswidrigen Grenzkontrollen des Bundesinnenministers.“ Auch in der Koalition seien diese umstritten, sagt Mihalic. So betonte die Justizministerin kürzlich, die Kontrollen müssten europarechtskonform sein: „Vor allem mit Blick auf unsere europäischen Nachbarn und Partner wäre es wichtig, hier möglichst schnell Klarheit zu schaffen.“
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