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Waffenlieferungen an Israel: Wie Merz den Stopp begründet

Krieg in Nahost

„Halte das für falsch“: CSU kritisiert Exportstopp an Israel

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    Bundeskanzler Merz kündigt ein teilweises Aussetzen der Rüstungslieferungen an Israel an.
    Bundeskanzler Merz kündigt ein teilweises Aussetzen der Rüstungslieferungen an Israel an. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Die Bundesregierung stellt die Waffenlieferungen an Israel teilweise ein. Es solle bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern mehr geben, „die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können“, erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz am Freitag.

    Anlass war der Beschluss des israelischen Sicherheitskabinetts, die Stadt Gaza einnehmen zu wollen. Zwar betonte Merz: „Die Entwaffnung der Hamas ist unerlässlich. Die Hamas darf in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen.“ Fügte aber hinzu: „Das in der vergangenen Nacht vom israelischen Sicherheitskabinett beschlossene, noch härtere militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen lässt aus Sicht der Bundesregierung immer weniger erkennen, wie diese Ziele erreicht werden sollen.“

    Die Reaktion aus Israel ist scharf: „Anstatt den gerechten Krieg Israels gegen die Hamas zu unterstützen, die den schrecklichsten Angriff auf das jüdische Volk seit dem Holocaust verübt hat, belohnt Deutschland den Terrorismus der Hamas durch ein Waffenembargo für Israel“, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit, nachdem dieser mit Merz telefoniert hatte.

    Exportstopp von Waffen an Israel: Lob von den Grünen, Kritik aus der CSU

    Lob für die Entscheidung kommt aus der Opposition. Linke und Grüne hatten einen Exportstopp schon länger gefordert. „Es ist ein wichtiges Signal für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts“, sagte der Außenexperte Anton Hofreiter (Grüne) unserer Redaktion. „Zugleich beobachte ich mit großer Sorge den von der israelischen Regierung verabschiedeten Plan zur militärischen Bekämpfung der Hamas. Dieser rückt zentrale Ziele – wie die Befreiung der Geiseln, den Schutz der Zivilbevölkerung und einen Waffenstillstand – in weite Ferne.“ Hofreiter fordert weitere Bemühungen der Bundesregierung. Was es jetzt brauche, „ist mehr politischer Druck für eine sofortige Feuerpause und mehr humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza.“

    Noch weiter gehen die Linken. Sie appellieren an die Bundesregierung, sich für eine Aussetzung des Assoziierungsabkommens der EU mit Israel einzusetzen sowie den Staat Palästina anzuerkennen. Auch die SPD setzte sich in den vergangenen Wochen immer lauter für einen Exportstopp ein. Die Union dagegen lehnte den Schritt lange ab. Noch in der Opposition übten CDU und CSU scharfe Kritik an der Ampel-Regierung. Im Januar versprach Merz, er werde „das faktische Exportermbargo der amtierenden Bundesregierung umgehend beenden“.

    Entsprechend kritisch sind nun ausgerechnet die Stimmen aus dem eigenen Lager. „Israel macht ab heute die Drecksarbeit für uns, nur ohne deutsche Waffen“, schrieb der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, auf der Plattform X.

    Vor allem in der Schwesterpartei CSU ist der Unmut groß. „Ich war wie viele andere relativ überrascht von der Entscheidung“, sagte Stephan Pilsinger (CSU), Bundestagsabgeordneter aus München, unserer Redaktion. „Unklar ist für mich, was das heißen soll: Keine Waffen, die im Gazastreifen eingesetzt werden können.“ Faktisch heiße das, „wir können fast gar keine Waffen mehr liefern.“ Und der CSU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Klaus Holetschek, sagte unserer Redaktion: „Ich halte diese Entscheidung für falsch.“ Der Vorstoß sei nicht abgesprochen gewesen, heißt es aus Kreisen der Christsozialen.

    Besonders deutliche Worte kommen von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). „Wenn diese Entscheidung der Bundesregierung bestehen bleiben sollte, ist das ein Punktsieg der Hamas im globalen Propagandakrieg“, erklärte der DIG-Vorsitzende Volker Beck kurz nach der Ankündigung. Und führte als Argument auch die deutsche Sicherheit an. „Vor deutscher Hochnäsigkeit sei gewarnt. Wenn Israel sich bei Rüstungslieferungen nach Deutschland revanchieren sollte, sieht es um die Zukunft deutscher Luftsicherheit schlecht bestellt aus.“ Ähnlich argumentiert Pilsinger: „Aktuell profitieren wir sicherheitspolitisch gefühlt mehr von Israel als Israel von uns.“ Das gelte beispielsweise auch bei Informationen des Mossad.

    Unklar ist noch, welche Waffen der Beschluss umfasst. Im ersten Quartal 2025 lieferte Deutschland Rüstungsgüter im Wert von fast 28 Millionen Euro nach Israel. Das geht aus einem Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums hervor. Damit lag die Zahl bereits deutlich niedriger als im Vorjahr. Im Jahr 2024 betrug der Wert der nach Israel exportierten Rüstungsgüter über 160 Millionen Euro über die gesamten zwölf Monate. Deutschland lieferte in der Vergangenheit beispielsweise U-Boote von Thyssenkrupp oder Panzergetriebe. Welche Güter konkret im Gazastreifen zum Einsatz kommen könnten und damit vom beschlossenen Exportstopp umfasst sind, erklärte die Bundesregierung bislang nicht.

    Einen Vorschlag macht der CSU-Außenexperte Stephan Mayer: „Für mich ist es entscheidend, zwischen offensiven Waffen und defensiven Systemen wie Luft- und Raketenabwehr klar zu unterscheiden“, sagte er unserer Redaktion. „Solche Schutzsysteme müssen weiterhin möglich sein – selbstverständlich nach strenger Einzelfallprüfung und in enger Abstimmung mit unseren Partnern. Gleichzeitig setze ich mich für mehr humanitäre Hilfe und die unverzügliche Freilassung aller Geiseln ein.“ Einen generellen Exportstopp hält er für falsch. Das „würde einem demokratischen Partner in einer akuten Bedrohungslage die Möglichkeit nehmen, seine Bevölkerung wirksam zu schützen“, sagte er.

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