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Was ändert sich unter Friedrich Merz wirklich in der Migrationspolitik?

Migration

Merz und seine Asylwende – wirklich ein großer Wurf?

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    Kann CDU-Chef Merz die deutsche Asyl-Politik wirklich verändern? Nach wie vor wollen viele geflüchtete Menschen - wie hier an einer Aufnahmeeinrichtung am ehemaligen Flughafen Tegel - ins Land.
    Kann CDU-Chef Merz die deutsche Asyl-Politik wirklich verändern? Nach wie vor wollen viele geflüchtete Menschen - wie hier an einer Aufnahmeeinrichtung am ehemaligen Flughafen Tegel - ins Land. Foto: Collage: Michael Kappeler/Christophe Gateau, dpa

    Die Migrationspolitik war das bestimmende Thema im Wahlkampf, dementsprechend groß sind die Erwartungen an die neue Bundesregierung. Kann Friedrich Merz sein Versprechen von einer echten Asylwende halten? Der frühere Bundesinnenminister Horst Seehofer mahnt dringend zu schnellen, sichtbaren Ergebnissen. „Politik hat in der Vergangenheit viel Vertrauen verloren, weil den großen Worten oft keine Taten folgten“, sagt der langjährige CSU-Chef unserer Redaktion. „Entscheidend ist daher auch jetzt, dass die richtigen Ziele des Koalitionsvertrages zur Migration kraftvoll umgesetzt werden.“

    Seehofer spricht aus Erfahrung, in seiner Zeit als Innenminister hatte er versucht, das Thema in den Griff zu bekommen. Er stieß an Grenzen — bei den europäischen Nachbarn, aber auch bei der damaligen Kanzlerin. Heute nimmt mit Friedrich Merz ein Mann Kurs aufs Kanzleramt, der in der Asylpolitik ganz anders tickt als seine Vorgängerin Angela Merkel. Aber reicht das allein? „Wir werden Migration ordnen und steuern und die irreguläre Migration wirksam zurückdrängen.“ So steht es im Koalitionsvertrag von Union und SPD.

    Einer der wichtigsten Punkte: Zuwanderer sollen nach Absprache mit den Nachbarländern an den Grenzen zurückgewiesen werden. Neue freiwillige Bundesaufnahmeprogramme wird es nicht mehr geben. Mindestens zwei Jahre lang soll zudem kein Familiennachzug zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus möglich sein. Um Herkunftsländer von Ausreisepflichtigen zur Rücknahme ihrer Staatsbürger zu bewegen, soll notfalls Druck ausgeübt werden — etwa über die Entwicklungszusammenarbeit, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und die Visa-Politik.

    Wie werden die Zurückweisungen an der Grenze umgesetzt

    Viele Punkte bleiben gleichwohl vage: „Wir werden verstärkt Migrationsabkommen abschließen, um legale Zuwanderung zu steuern und die Rücknahmebereitschaft sicherzustellen“, heißt es – ein Ziel, das sich auch frühere Regierungen bereits gesetzt hatten. „Ein Papier allein ist bekanntlich geduldig“, warnt Seehofer. „Wir werden sehen, wie die Praxis der Umsetzung aussehen wird.“

    Tatsächlich stößt das umstrittenste Vorhaben, künftig auch Asylsuchende, gegen die keine Einreisesperre vorliegt, an deutschen Grenzen zurückzuweisen, weiter auf Skepsis. Die Fortsetzung der Grenzkontrollen werde wohl ohne einen funktionierenden europäischen Grenzschutz „nicht verhindern können, dass auch weiterhin an den Grenzkontrollmaßnahmen vorbei Schutzsuchende einreisen werden“, sagt Sven Hüber, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. „Zurückweisungen sind auch nur mit engem Grenzbezug möglich, Flüchtlinge, die bereits im Inland sind, können nicht zurückgewiesen werden.“

    Polizei hofft auf Härte des Gesetzes gegen Schleuser

    Ohnehin seien flächendeckende Grenzkontrollen nicht leistbar. Es sei daher nicht zu erwarten, dass punktuelle Zurückweisungen „eine überdeutliche Reduzierung der Flüchtlingszahlen“ bewirken könne. „Nach den gegenwärtigen Mitteilungen aus Polen und Österreich ist auch eine Kooperation der Nachbarstaaten fraglich, Österreich hat bereits unter Verweis auf das europäische Recht mitgeteilt, dass es keine Personen zurücknehmen wird, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben“, sagt Hüber. Er dringt daher auf ein europäisch abgestimmtes Vorgehen. Asylexperten gehen davon aus, dass auch die aktuell sinkenden Asylzahlen weniger mit den deutschen Grenzkontrollen, sondern vielmehr mit einem Rückgang der Zahlen auf der Mittelmeer-Route zu tun hat.

    Gleichwohl sieht der Polizeigewerkschafter im Koalitionsvertrag „mehr Realismus und weniger Wolkenkuckucksheim“. Er hofft vor allem auf Erfolge im Kampf gegen Schleuserbanden. „Niemand kommt heute illegal ohne Schleuser nach Deutschland“, sagt Hüber. „Bricht das kriminelle Schleusergeschäft wenigstens in Teilen zusammen, reduziert sich die Anzahl von Schutzsuchenden automatisch.“ Es sei daher wichtig, IP-Adressen für mögliche Ermittlungen drei Monate lang zu speichern und Finanzströme stärker in den Blick zu nehmen. Ein wichtiges Instrument sei auch die Integration, vor allem in den Arbeitsmarkt. „Das ist nicht nur gesellschaftlich, sondern auch aus polizeilicher Sicht die beste Prävention“, sagt Hüber.

    Im vergangenen Jahr hatten 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Das waren rund 100.000 Asylerstanträge weniger als im Jahr zuvor.

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