Für Thomas Tegge war die Nordische Ski-WM beendet, bevor sie begonnen hatte. Als in Oberstdorf die ersten Medaillenentscheidungen anstanden, befand sich Tegge schon wieder im heimischen Taunusstein. Tegge kam vor knapp zwei Wochen in Oberstdorf an und reiste dann kurz vor Beginn der WM wieder ab. „Eines meiner Kinder war krank, da war ich dann daheim gefordert“, erzählt der zweifache Familienvater. Zuvor war der 44-Jährige Teil des Helfer-Teams im Oberstdorf–Haus, das sich um die Akkreditierungen für die Athleten, Teams und Sponsoren kümmerte.
Außerdem war das Büro der freiwilligen Helfer eine Art Poststelle für Pakete und Briefe von Fans aus aller Welt. Tegge und seine Kollegen sammelten diese Fanpost und gaben sie an die Mannschaften aus den über 60 Nationen, die an der Ski-WM teilnehmen weiter. „Ich werde nie das Paket vergessen, dass uns jemand aus Essen geschickt hat“, sagt Tegge. Der Inhalt: 90 Briefumschläge, die jeweils an einzelne Sportler adressiert waren – inklusive frankierter Rückumschläge. Tegge vermutet anhand der Handschrift des Absenders dahinter einen älteren Fan. „Es könnte gut sein, dass das Autogrammwünsche waren“, sagt Tegge. „Genau weiß ich es aber nicht, wir halten uns natürlich an das Briefgeheimnis.“
Nordische Ski-WM in Oberstdorf: Fans schreiben bis aus Japan
Weitere Briefe sind zum Beispiel aus Japan gekommen. Sogar ein thailändischer Sportler sei Adressat einer Postsendung gewesen, die meisten Briefe gingen jedoch an die deutschen und österreichischen Athleten. „Es waren auch Schlüsselanhänger mit einem Maskottchen dabei, die möglicherweise als Glücksbringer gedacht waren“, sagt Tegge. Die Weitergabe von Fanpost war nichts Neues für Tegge. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hatte der 40-Jährige als Volunteer eine ähnliche Tätigkeit. Außerdem war Tegge, der bei der Lufthansa arbeitet, schon beim Tennis-Davis-Cup in Frankfurt, dem Confederations-Cup 2005 und bei einigen Fußball-Länderspielen im Einsatz (Lesen Sie auch: So erinnert sich Evi Sachenbacher-Stehle an ihre großen WM-Triumphe).

Die Wettkämpfe in Oberstdorf verfolgt der „Fanpost-Experte“ inzwischen im Livestream. „Meine Kinder und ich schauen uns die WM daheim im Fanoutfit an“, sagt Tegge. „Eigentlich wären wir alle zusammen in Oberstdorf gewesen – wegen Corona war das leider nicht möglich.“ Wie viele andere auch, hatte sich der 44-Jährige gerade auf die Atmosphäre, die Veranstaltungen und „natürlich auch das Skifahren“ gefreut. „Ich bin aber froh für die beteiligten Sportler, dass sie mit einem sehr guten Hygienekonzept diese Ski-WM erleben können“, sagt Tegge.
Warum Thomas Tegge an Ostern wieder nach Oberstdorf kommen will
Bei seinem kurzen Aufenthalt im Allgäu wohnte Tegge bei seinen Eltern, die in Oberstdorf leben. Der Job in der Akkreditierungsstelle der Ski-WM 2021 habe ihn den ganzen Tag auf Trab gehalten. „Im Vorfeld einer solchen Veranstaltung kann das richtig stressig werden“, sagt Tegge. Mitunter machten die Mannschaften den Helfern auch zusätzliche Arbeit, beispielsweise wenn statt normaler Porträtfotos ganze Reisepässe in das Akkreditierungsformular hochgeladen wurden. „Man muss kreativ sein. Das waren die kleinen Herausforderungen des Alltags“, meint Tegge schmunzelnd. Die Kommunikation mit den ausländischen Athleten und Betreuern habe dagegen kaum Probleme bereitet. „Wir hatten viele mehrsprachige Mitarbeiter. Das ist schon wichtig“, sagt der 40-Jährige, der selber englisch und italienisch fließend spricht (Lesen Sie auch: Ski wachsen: Wie werden Langlauf-Ski präpäriert?).
An Ostern will Tegge mit seiner Familie wieder nach Oberstdorf kommen. „Es wäre aber schön, mal wieder einen Urlaub unter normalen Umständen erleben zu können“, sagt Tegge.
