Zu Jahresbeginn fehlte es Radprofi Lisa Brennauer vom Kemptener Ceratizit-WNT Pro Cycling Team nicht an großen internationalen Zielen für 2020. Corona änderte jedoch alles: Im Frühjahr musste grundsätzlich alles abgesagt oder verschoben werden – auch Olympia. Für die 32-Jährige war mit der Verschiebung der Olympischen Sommerspiele in Tokio zunächst ein Traum geplatzt. „Das war ein Schlag ins Gesicht. Für einen Sportler ist dieses Event das Größte.“
Lisa Brennauer kam in jedem Rennen unter die Top Ten
Doch die Duracherin ließ den Kopf nicht hängen, stimmte ihre Form auf andere Höhepunkte ab und kann nun stolz auf eine insgesamt sehr erfolgreiche Saison zurückblicken. Egal ob Eintagesklassiker oder Grand Tour – in der kurzen und kompakten Saison glänzte Brennauer in allen Bereichen: „In jedem Rennen, bei dem ich gestartet bin, war ich unter den Top Ten“, zeigt sie sich überaus zufrieden.
32-Jährige holte zum dritten Mal den Titel
Ihren ersten großen Erfolg feierte Brennauer Ende August bei der deutschen Meisterschaft am Sachsenring. Die 32-Jährige verteidigte ihren Titel erneut und wurde zum dritten Mal deutsche Meisterin. „Das war ein großes Highlight, der Titel bedeutet mir sehr viel.“ Doch Brennauer hatte nach dem Rennen keine Zeit zu feiern. Sie fuhr sofort nach München, flog von dort nach Frankreich, wo sie nur einen Tag später bei der Europameisterschaft in Plouay im Zeitfahren an den Start ging. Im Einzelzeitfahren verpasste die Allgäuerin knapp als Vierte das Podest. Im Straßenrennen kam sie als frisch gebackene deutsche Meisterin in dieser Disziplin auf Rang sechs ins Ziel. Zum Abschluss der EM holte die Profifahrerin mit der deutschen Mannschaft sogar noch Gold im Team-Zeitfahren. Rückblickend sagt sie: „Nach der mühevollen Anreise waren das absolute Topplatzierungen. Aber die Goldmedaille übertraf noch einmal alles.“
WM wurde kurzfristig verschoben
Nach der EM stand es erst einmal in den Sternen, wie und ob die Radsaison weiter gehen soll. Denn erst ein paar Wochen vor der WM gab der Radweltverband bekannt, dass das Event doch stattfindet – allerdings nicht in wie geplant in der Schweiz, sondern in Italien. „Wir mussten in diesem Jahr mit allem rechnen und so spontan wie möglich sein.“ Der Traum von einer WM-Medaille im Einzelzeitfahren ging für Lisa Brennauer in Imola nicht in Erfüllung. Die Deutsche verpasste das Podest knapp. Auch bei der Flandern-Rundfahrt in Belgien vor knapp zwei Wochen schrammte sie am Podium vorbei. Brennauer: „Klar ist das ein bisschen ärgerlich.“ Aber so sei das im Sport: „Manchmal ist man die Gewinnerin, manchmal die Verliererin.“ Trotzdem sind das Topplatzierungen. „Ich bin sehr glücklich, so konstant und nah an der Weltelite dran zu sein.“ Von August bis Oktober zeigte Brennauer, dass sie zu den weltbesten Fahrerinnen gehört. „Das macht mich am meisten glücklich“, sagt sie.
Wo Brennauer am meisten trainierte
Denn ob das Training das Richtige war, konnte Brennauer in dieser „verrückten Corona-Saison“ schwer beurteilen. „Viele kleine Rennen sind ausgefallen, deswegen wusste ich nicht, wie gut meine Konkurrentinnen drauf sind.“ Auch gemeinsame Trainingslager mit dem Team sind in diesem Jahr weggefallen. „Es war manchmal schwierig, ohne konkretes Ziel vor Augen zu trainieren.“
Doch Brennauer fand vor allem im Allgäu immer wieder Motivation für das Training. Die 32-Jährige war hauptsächlich auf ihren Heimtrainingsstrecken rund um Durach und Kempten unterwegs und sammelte viele Kilometer auf dem Rad. Das sei für sie etwas ganz Neues und Schönes gewesen: „Ich meine, wann ist man denn so lange am Stück zuhause? Klar habe ich das genossen. Ich habe daheim viel Kraft für die Rennen getankt.“ Außerdem gehören die Strecken rund um Durach zu ihren Lieblingsstrecken: „Da fährt es sich einfach am besten“, sagt Brennauer lachend.
Wie es für sie in Belgien lief
Einen guten vorläufigen Saisonabschluss gelang ihr noch vorige Woche beim Dreitagesrennen „De Panne“ in Belgien. Im Massensprint sicherte sich die Ex-Weltmeisterin die Silbermedaille. „Das wäre jetzt eigentlich ein super Abschluss einer verrückten Saison“, sagt Brennauer.
Doch je nachdem wie sich die Corona-Fallzahlen in Madrid entwickeln, könnte es im Rahmen der Vuelta noch ein Rennen geben. „Mal schauen, wie sich die Lage entwickelt. Fit und in Form wäre ich ja noch“, sagt Lisa Brennauer.