Die Erwartungen in den ersten zugelassenen Proteinimpfstoff gegen das Coronavirus waren groß, doch ebenso groß ist nun die Ernüchterung: Bisher gibt es nur wenig Nachfrage nach dem seit März verfügbaren Impfstoff von Novavax.
Grund für die hohen Erwartungen war, dass viele Impfskeptikerinnen und -skeptiker sich kritisch über die verhältnismäßig neue Technik der bisher zugelassenen mRNA- und Vektor-Impfstoffe geäußert hatten. Die Technik, die Novavax verwendet, wird seit langer Zeit angewendet – so funktioniert etwa der Grippe-Impfstoff ganz ähnlich. Daher hofften Expertinnen und Experten auf einen nennenswerten Anstieg der Impfquote, sobald Novavax eingesetzt werden würde.
Bisher lassen sich verhältnismäßig wenige Menschen mit Novavax impfen
Bis zum 16. März wurden erst rund 45.000 Novavax-Dosen verabreicht. Der Impfstoff ist seit Anfang März verfügbar – allerdings hatten ursprünglich Menschen Vorrang, die der einrichtungsbezogenen Impfpflicht unterliegen. Wegen der geringen Nachfrage ließen erste Bundesländer den Impfstoff schnell für alle zu, in Bayern steht das Vakzin seit dem 9. März jedem zur Verfügung.
Zu einem großen Ansturm hat das nicht geführt: In Bayern wurden bis zum 16. März nur etwa 5500 Dosen verimpft. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum wurden in Bayern etwa 125.000 Dosen Biontech und etwa 15.000 Dosen Moderna verimpft (Erst-, Zweit-, und Auffrischungsimpfungen zusammengerechnet). (Lesen Sie auch: Impfstoff Novavax in Kaufbeuren und im Ostallgäu nun für alle erhältlich)
Impfstoff Novavax in Bayern bisher nur in Impfzentren verfügbar
Bisher wurde der Impfstoff vom Novavax, der unter dem Namen "Nuvaxovid" vertrieben wird, nur in Impfzentren angeboten – das hat sich nun geändert. "Die Hausarztpraxen können erst seit Dienstag dieser Woche Nuvaxovid bestellen", erklärt Vincent Jörres, Sprecher des Deutschen Hausärzteverbandes.
Ab der kommenden Woche bieten dann auch die Praxen das neue Vakzin an – allerdings erwarten sie keinen großen Andrang. "Die bisherigen Rückmeldungen der Patientinnen und Patienten sowie die Erfahrungen aus den Impfzentren legen nahe, dass die Nachfrage gering ist", so Jörres. "Sobald der Impfstoff in den Praxen verfügbar ist, werden sicherlich noch einige Impfungen dazukommen, der erhoffte Gamechanger ist Nuvaxovid jedoch nicht." (Lesen Sie auch: "Die Impfkampagne ist eingeschlafen": Trotz Start von Novavax bleibt der Ansturm in Allgäuer Impfzentren aus)
Aus der geringen Nachfrage ergibt sich in den Praxen ein zusätzliches Problem: Ein Fläschchen mit dem Novavax-Impfstoff enthält gleich zehn Dosen. "Das bedeutet, dass eine Ärztin oder ein Arzt zehn Impflinge benötigt, damit nichts verschwendet wird", erklärt Jörres. Sobald ein Fläschchen angebrochen wurde, muss der Rest innerhalb von sechs Stunden verbraucht werden, heißt es im Produktinformationsblatt der europäischen Arzneimittelagentur EMA. Solange die Flaschen verschlossen sind, ist der Impfstoff laut EMA bei Kühlschranktemperatur und vor Licht geschützt aber immerhin neun Monate lang haltbar.

Die EU und Deutschland haben bereits viele Millionen Novavax-Dosen bestellt
Da die erwartete Nachfrage eine andere war, haben sich die EU und die Bundesregierung bereits große Mengen des Novavax-Impfstoffes gesichert. Dem Bundesgesundheitsministerium zufolge wurden Ende Februar 1,4 Millionen Dosen nach Deutschland geliefert, es sind aber noch viel mehr vorgesehen. Deutschland erhalte 2022 insgesamt circa 34 Millionen Novavax-Dosen, teilt das Gesundheitsministerium mit. Der Schwerpunkt der Lieferungen solle in den Monaten Mai und Juni erfolgen.
Dass innerhalb eines Jahres 34 Millionen Novavax-Impfdosen in Deutschland verabreicht werden, scheint unwahrscheinlich: "Es ist aktuell davon auszugehen, dass nicht alle vom Bund für dieses Jahr bestellten Impfdosen auch benötigt werden", sagt Hausärzte-Sprecher Jörres. Das bedeutet aber nicht, dass der Impfstoff am Ende im Müll landen müsste. "Es wäre dann natürlich sinnvoll, diesen anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, in denen es nach wie vor nicht genug Impfstoff gibt", so Jörres.
Derartige Impfstoffspenden hat Deutschlandbereits in der Vergangenheit getätigt. 2021 hat die Bundesrepublik rund 95 Millionen Dosen an die internationale Impfstoffinitiative Covax übertragen, die diese Impfstoffeärmeren Ländern zur Verfügung stellt. Weitere 7,7 Millionen Impfstoffdosen hat Deutschland direkt an verschiedene Länder gespendet. Die Bundesrepublik plant, 2022 mindestens 75 Millionen Impfstoff-Dosen zu spenden - darunter könnten dann auch viele Millionen Novavax-Dosen sein.
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