Der Wald ist mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen. In zwölf Punkten erklärt Bernhard Schmieder, Abteilungsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kempten, warum wir Menschen von den vielfältigen Waldfunktionen profitieren.
1. Bäume produzieren Luft:
Für den einzelnen Baum ist Sauerstoff vor allem ein Abfallprodukt, das er mit Hilfe der Sonneneinstrahlung aus CO2 und Wasser bei der Photosynthese erzeugt. Für uns Menschen ist Luft lebenswichtig. Auch ein Baum benötigt Sauerstoff, allerdings nie so viel, wie er selbst produziert. „Fünf groß gewachsene Bäume reichen aus, um genug Sauerstoff für ein ganzes Menschenleben zu produzieren“, sagt Bernhard Schmieder. Ein weiteres Produkt bei der Photosynthese ist Traubenzucker, den der Baum auch nutzt, um im Frühjahr seine Blätter neu austreiben zu lassen.
2. Lebensgrundlage für Tiere:
Einige Tiere können ohne den Schutz und die Nahrungsangebote des Waldes nicht überleben. Dazu zählen Rehe oder Eichhörnchen, aber auch viele Vögel. In Allgäuer Wäldern leben beispielsweise die seltenen Weißrücken- und Dreizehenspechte. Sie bauen Höhlen, die später von Singvögeln genutzt werden, und tragen durch ihre Ernährung, zu der auch schädliche Insekten wie der Borkenkäfer gehören, zum natürlichen Gleichgewicht bei.
Wald im Allgäu: Hier wachsen Kräuter und Sträucher, die schon seit Jahrhunderten als Medizin dienen
3. Lebensraum vieler Pflanzen:
Im Wald wachsen Kräuter und Sträucher, die schon seit Jahrhunderten als Medizin dienen. Dazu gehören auch Moose, die gegen Schmerzen, Krämpfe oder Schwindel helfen. „Sie nehmen zudem Feuchtigkeit auf und speichern sie. Aus einer Handvoll nassem Torfmoos kann man bis zu einem Glas Wasser ausdrücken“, erklärt Schmieder.
4. Ressourcen für Menschen:
Der Wald ist auch Arbeitsplatz – allein bei den Bayerischen Staatsforsten sind rund 3000 Menschen beschäftigt. Holz kann zum Beispiel von Schreinern und Zimmerern als Bauholz genutzt werden. In nachhaltiger Forstwirtschaft werden immer nur so viele Bäume entnommen, wie auch nachwachsen beziehungsweise nachgepflanzt werden. Zu den in der Bevölkerung beliebten Wald-Ressourcen zählen Pilze.
5. Kohlenstoff-Speicher:
Etwa 30 Prozent der Erdoberfläche besteht aus Wald. Er entzieht der Atmosphäre Kohlenstoff und speichert ihn. Dadurch werden beispielsweise Wetter, Regen und Wasserkreisläufe reguliert. Durch massive Abholzung wird weniger gespeichert, es dringt sogar mehr Kohlenstoff durch die Nutzung des Holzes und die Freisetzung aus dem Waldboden in die Atmosphäre und trägt zur Klimaerwärmung bei.
Schatten spendende Wälder im Allgäu schützen das Klima
6. Schutz vor Sonne und Hitze:
Wald spendet Schatten – das erfrischt nicht nur die Menschen, sondern schützt auch das Klima. Denn zu viel Reflexion des Sonnenlichts trägt zu dessen Erwärmung bei. „Grundsätzlich spenden Laubbäume mehr Schatten als ein reiner Nadelwald“, erklärt Experte Schmieder.
7. Saubere Luft:
Regelrechte „Staubsauger“ sind die Wälder. Ein einziger Baum nimmt pro Jahr etwa fünf Kilogramm Feinstaub auf und reinigt damit die Luft. Zudem werden Schadstoffe gefiltert. „Jeder Hektar Wald entzieht der Luft pro Jahr mehrere hundert Kilogramm Schadstoffe“, sagt Schmieder.
8. Schutz des Grundwassers:
Bäume filtern nicht nur die Luft, sondern auch der Waldboden das Regenwasser. Verunreinigungen werden so aus dem Grundwasser entfernt, das später oft als Trinkwasser genutzt wird. „Gute Waldpflege ist wichtig, damit der Boden weiter als Filter funktioniert“, erklärt Schmieder. Entsprechend müssten Kahlflächen in Wäldern vermieden werden und beim Holzrücken möglichst behutsam vorgegangen werden, weil sonst der Boden zu sehr verdichtet würde.
Wald in der Region dient zum Hochwasserschutz: "Waldboden funktioniert wie eine Art Schwamm"
9. Hochwasserschutz:
Über ihre Wurzeln saugen Bäume Wasser und Feuchtigkeit effektiv auf, erklärt Schmieder. „Ein Waldboden funktioniert wie eine Art Schwamm, der das Wasser langsamer fließen lässt.“ Was letztlich vor Hochwasser schützt. „Dabei helfen auch Auenwälder wie an der Iller, in denen Wasser langsam versickern kann und so die Spitzen von Hochwasser abpuffern.“
10. Schutz vor Erosion:
Mit ihren Wurzeln halten Bäume den Boden und schützen so vor Erdrutschen. „Auch gegen Steinschläge und Lawinen verhalten sich Wälder wie ein Schutzschild“, sagt Schmieder. „Wo im Gebirge der Schutzwald nicht mehr schützen kann, weil er zu alt und zu licht ist oder die Baumartenmischung nicht passt, sanieren wir diese Bestände gezielt, aktuell zum Beispiel am Immenstädter Horn und in Balderschwang.“
11. Erholung:
Allein der Anblick grüner Waldfläche entspannt, sagen Wissenschaftler. Zwitschernde Vögel oder Laubrascheln tun Menschen ebenfalls gut und Waldluft stärkt das Immunsystem. „Man muss aber darauf achten, dass die Menschen die Natur nicht zu sehr stören“, sagt Schmieder. Dabei helfen Infos auf Schildern oder in den sozialen Netzwerken, wie es beispielsweise der Naturpark Nagelfluhkette mit seiner Aktion „Mein Lebensraum – Dein Freiraum“ vormacht.
12. Lärmfilter:
Wald dämpft Schall und Lärm. „Das merken wir zum Beispiel an der A7 bei Kempten“, sagt Schmieder. Für den Förster steht fest: „Weniger Lärm bedeutet auch weniger Stress.“
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Bayern will bis 2040 klimaneutral werden. Manche Allgäuer Kommune hat sich sogar noch ehrgeizigere Ziele gesetzt. Um diese zu erreichen und in der Region nachhaltig etwas zu verändern, sind viele Aspekte wichtig. Vom Bau neuer Windräder über den Umgang mit Abfall bis zum Pflanzen von Bäumen. In unserer Serie „Der Klima-Check“ greifen wir jeden Samstag einen Gesichtspunkt auf, informieren über den Stand der Dinge – und zeigen auf, was noch getan werden muss.
Lesen Sie auch unseren Beitrag über einen Allgäuer Forstexperten und seine Forderung: "Wir brauchen stabile Mischwälder"
- Wie man Kleidung im Allgäu recyclen kann, lesen Sie hier.
- Wenn Sie wissen wollen, was die Allgäuer in ihre Restmülltonnen schmeißen, auch wenn es da nicht hingehört, lesen Sie hier.
- Wo es in der Region noch Mülldeponien gibt und was dort entsorgt wird, lesen Sie hier.
- Kann ein Smart Home beim Energiesparen helfen? Die Antwort darauf finden Sie in diesem Text.