Schnee und klirrende Kälte mit zweistelligen Minusgraden bis Mitte Februar und innerhalb von zehn Tagen beinahe plus 20 Grad: Der Frühling brach sich dieses Jahr im Allgäu überraschend schnell, intensiv und langanhaltend Bahn. Innerhalb kürzester Zeit sprossen Blumen, Bäume und Sträucher begannen zu blühen. Doch was des einen Freud ist, ist des anderen Leid. Denn mit den milden Temperaturen und der aus dem Winterschlaf erwachenden Natur begann auch der Pollenflug ungewohnt früh.
Für Menschen mit Heuschnupfen keine gute Prognose. Stellen doch laut Bayerischem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit von allen allergischen Erkrankungen durch Pollen verursachte Allergien den größten Anteil dar. In Bayern sind mittlerweile bis zu 30 Prozent der Bevölkerung betroffen. Typische Anzeichen für Heuschnupfen sind Schnupfen, eine laufende und juckende Nase, Niesen und juckende Augen.
Starker Pollenflug im Allgäu beginnt normalerweise im April
"Normalerweise beginnt der starke Pollenflug im Allgäu im April, wenn die Birkenpollen fliegen", erklärt Kim Husemann, Fachärztin für Innere Medizin, Pneumologie und Allergologie in der Pneumologischen Praxis am MVZ Klinikum Kempten. Aber die extreme Wettersituation von vor zwei Wochen mit fast 20 Grad habe zu einer spürbaren Belastung bei Pollen-Allergikern geführt.
Vor allem Hasel und Erle erreichen laut Allergologin Husemann als Frühblüher bei extrem milder Witterung Konzentrationen, die zu stärkeren Beschwerden führen. "Wir behandeln viele Patienten mit Immuntherapie und fragen immer auch nach Pollenbeschwerden. Viele haben derlei Beschwerden schon im Februar angegeben", sagt die Kemptener Allergologin.

Gerade Temperatur und Wind spielen eine große Rolle beim Pollenflug, wie Husemann sagt: "Wenn es warm und windig ist, verbreiten sich die Pollen weit." Ein Regenschauer hingegen helfe, die Pollen aus der Luft zu waschen - die Luft ist dann reiner. Und bei Kälte seien grundsätzlich weniger Pollen in der Luft. Ein Glück für alle Pollen-Allergiker, dass es in den nächsten Tagen wieder kälter und regnerischer wird.
Allergie: Verschlimmert Saharastaub die Heuschnupfen-Beschwerden?
Mit den milden Temperaturen und dem Wind in den vergangenen 14 Tagen gelangte auch Saharastaub bis in unsere Region. Der Himmel war dadurch zum Teil gelblich verfärbt. "Doch die Konzentrationen, die davon bei uns erreicht werden, sind nicht gesundheitsschädlich und lösen keine Allergien aus", erklärt Expertin Husemann. Der Saharastaub könne allenfalls - wie andere Feinstäube auch - ein bisschen reizen, allerdings viel weniger als Pollen. "Sie sind der Hauptgrund für Heuschnupfen-Beschwerden."
Generell sei die Luftqualität im Allgäu sowieso eher gut, da es keine großstädtischen Räume gebe, wo vermehrt andere Feinstäube dazukommen. Zudem gilt die Faustregel: Je höher, desto weniger Pollen. "In Oberjoch zum Beispiel beträgt die Pollenbelastung nur etwa ein Drittel von derjenigen im Flachland", sagt Allergologin Kim Husemann. Im Allgäuer Flachland und Richtung Westen hin zum Bodensee - also den milderen Gefilden - beginnt der Pollenflug auch drei bis vier Wochen früher als in den Bergregionen.
Pollenflug 2021: Im Allgäu blüht eine besondere Pflanze
Wie in ganz Deutschland sind laut Husemann auch im Allgäu Birken und Gräser als Klassiker die Pflanzen, auf die die meisten Menschen allergisch reagieren. Doch eine Besonderheit gibt es: den Spitzwegerich. Er ist nur in Teilen Deutschlands verbreitet - und besonders stark im Allgäu.
Das Problem: Spitzwegerichpollen können von April bis Oktober vorhanden sein. Die sehr häufige Frühblüher- und Gräserpollenallergie macht im gleichen Zeitraum Symptome, so dass eine Wegerich-Pollenallergie schnell übersehen werden kann. Anders als von vielen angenommen spielt Löwenzahn, der im Allgäu stark verbreitet ist, laut Husemann keine Rolle beim Heuschnupfen: "Löwenzahnpollen sind wenig allergen."
Übrigens: Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit betreibt in Bayern acht elektronische Pollenmonitoren, die eine automatisierte Pollenzählung und -charakterisierung möglich machen. So stehen Daten zum aktuellen Pollenflug nahezu in Echtzeit (alle 3 Stunden) zur Verfügung. Im Allgäu steht in Mindelheim (Landkreis Unterallgäu) ein solcher elektronischer Pollenmonitor. Zudem steht in Oberjoch (Landkreis Oberallgäu) eine von vier manuellen Pollenfallen in Bayern, die einmal pro Woche ausgewertet wird.
Standorte der acht elektronischen Pollenmonitore in Bayern
- Hof
- Marktheidenfeld
- Feucht
- Viechtach
- Altötting
- München
- Mindelheim
- Garmisch-Partenkirchen
Standorte der vier manuellen Pollenfallen in Bayern
- Münnerstadt
- Bamberg
- Oberjoch
- Zugspitze
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