Schulunterricht auf der Hochalpe am Breitenberg bei Pfronten: Zweit- und Drittklässler aus Pfronten und Rettenberg (Oberallgäu) tummeln sich auf den Alpwiesen und bestimmen Pflanzen und Tiere. Im Rahmen des Umweltprojekts „Klassenzimmer Alpen“ des Landesbundes für Vogel- und Naturschutz (LBV) arbeiten sie engagiert in Kleingruppen.
Schüler entdecken die Berge: So wird beim "Klassenzimmer Alpen" geforscht
Zunächst messen die Kinder ihre vier Quadratmeter große „Forscheroberfläche“ ab, markieren sie mit Zeltheringen und spannen eine rote Schnur um das Viereck. Ausgerüstet mit Becherlupen und Natur-Bestimmungsbüchern beginnen dann die Untersuchungen der kleinen Naturräume.
Unglaublich, was da alles wächst und welche Insekten sich tummeln!
Pia zeigt ihre Becherlupe, in der sie eine Heuschrecke gefangen hat. Johanna und Maxl schauen auf eigens für das Projekt gefertigten Insekten-Bestimmungskarten nach, ob sich das Tier noch eindeutiger bestimmen lässt. Dann wird es wieder in die Freiheit entlassen. Wie sich Insekten mit der Becherlupe unverletzt fangen lassen und dann wieder in Freiheit kommen, das haben die Kinder zuvor gelernt.
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Vier gelbe, je fünf violette und blaue Blumenarten entdecken die jungen Forschenden. Eine davon wird eingehender untersucht und bestimmt – es ist eine lilafarbene Alpen-Skabiose. Alle Beobachtungen werden im „Forscherprotokoll“ eingetragen. Dass in Kleingruppen diskutiert wird und letztlich einvernehmliche Lösungen in der Gruppe gefunden werden, auch dieser Teamgedanke gehört zum pädagogischen Konzept.
Klassenzimmer in den Alpen: Projekt gibt es seit zehn Jahren
Zum zehnjährigen Jubiläum des Schulprojekts ist auch Brigitte Kraft gekommen, Geschäftsführerin des schwäbischen LBV mit Sitz in Memmingen. Sie war es, die vor elf Jahren die Idee hatte, mit einem Schulprojekt Mädchen und Buben die Vielfalt in der Natur im alpinen Raum vor Ort näher zu bringen – „Klassenzimmer Alpen“ war geboren. LBV-Umweltpädagoginnen Monika Schirutschke entwickelte das Konzept und setzt es jetzt mit ihrer Kollegin Tanja König um. Derzeit beteiligen sich an dem auf jeweils ein Schuljahr angelegten Projekt acht Grundschulen im südlichen Ober- und Ostallgäu mit zweiten oder dritten Klassen.
Es sei „schön zu sehen, mit welcher Begeisterung die jungen Naturforschenden bei der Sache sind“, findet Johanna Becker von der Regierung von Schwaben und der Pfrontener Bürgermeister Alfons Haf bezeichnet das Projekt als „pädagogisch unheimlich wertvoll“. Inzwischen wurden zahlreiche begleitende Unterrichtsmaterialien und interaktive Spiele entwickelt.
Anonymer Spender fördert das Bildungsprojekt "Klassenzimmer in den Alpen" mit 10.000 Euro
„Anfragen von Schulen gibt es genug“, doch die finanziellen Mittel seien begrenzt, sagt Kraft. Neben dem LBV finanziert die Regierung von Schwaben das Projekt, hinzu kommen Spenden von Gönnern. So wie ein Privatmann aus München, der namentlich nicht genannt werden will. Er finde es „unglaublich wichtig, dass Kinder mal ohne Handy in der Natur unterwegs sind und sie bewusst kennenlernen und erleben“, begründet er sein finanzielles Engagement. Das seien ihm jährlich 10.000 Euro wert und der bayerische LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer ist überzeugt: „Der bewusste Aufenthalt in der Natur macht Menschen unheimlich glücklich.“
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Neben der Untersuchung und dem Kennenlernen von „Bergwiesen in alpiner Lage“ gebe es beim Klassenzimmer-Projekt das zweite Thema „Bergbach und Hochwasser“, erläutert Projektleiterin Monika Schirutschke.
„Klassenzimmer Alpen“ wurde 2020 sogar als offizielles Projekt der „UN-Dekade Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet. Seit dem Start vor zehn Jahren hätten insgesamt 2054 Kinder mitgemacht. Mit ihren Lehrkräften waren die jungen Forschenden, begleitet von LBV- Umweltpädagoginnen, an 174 Projekttagen in der Natur unterwegs - und haben vieles gelernt.
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