In Bayern warten zehntausende Menschen auf eine bezahlbare Wohnung. In München stehen 25.000 Familien auf der Warteliste für eine geförderte Wohnung, in Augsburg sind es weit über 3000, im benachbarten Königsbrunn (Kreis Augsburg) um die 600. In zehn Prozent der bayerischen Städte und Gemeinden ist die Lage am Mietmarkt so prekär, dass der Staat mittels „Mietpreisbremse“ Auswüchse zu vermeiden versucht. Gleichzeitig wurden im vergangenen Jahr so wenig Wohnungen gebaut wie lange nicht.
So wird Bauen in Bayern günstiger
Vor allem in den Städten gab es laut Statistischem Landesamt einen Einbruch von rund 20 Prozent. Insgesamt wurden vergangenes Jahr in Bayern rund 55.000 Wohnungen fertig. Der Direktor des Verbands der bayerischen Wohnungsunternehmen (VdW), Hans Mair, warnt: „Das ist fatal. Die Bevölkerung wächst und wir bauen weniger Wohnungen.“ Besonders dramatisch ist die Lage beim geförderten Wohnungsbau. Hier ist in Bayern kein Geld mehr da, Tausende von bereits genehmigten Wohnungen können deshalb nicht gebaut werden. Allein bei den rund 500 Mitgliedsunternehmen des VdW (kommunale Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften), die sich als preisgünstige Vermieter verstehen, stehen deshalb knapp 5000 Wohnungen auf der Kippe.
Größtes Problem ist der ungebremste Preisanstieg auf dem Bau, der Mieten und Kaufpreise treibt. Ohne staatliche Förderung müsse man inzwischen Mieten zwischen 16 und 20 Euro pro Quadratmeter verlangen, sagt Maier. Das aber sei für die meisten Menschen unbezahlbar. Zu den größten Kostentreibern auf dem Bau gehörten die vielen staatlichen Vorschriften. In Bayern gibt es inzwischen Erleichterungen bei der Stellplatzpflicht und der Aufstockung von Gebäuden, zudem sollen Bauverfahren zügiger abgewickelt werden. Maier wertet die vom Landtag beschlossenen Erleichterungen als Schritt in die richtige Richtung. Auch die Ankündigungen des Koalitionsvertrages, wo von einem „Bau-Turbo“ und weniger Vorschriften die Rede ist, begrüßt der Verband. Maier: „Wir haben nur eine Chance, wenn wir die Baukosten nach unten drücken.“
Ähnlich argumentiert Stefan Siebert, Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse LBS Süd. Mehr als 20.000 Vorschriften und Normen böten viel Spielraum für Vereinfachung. Siebert: „Viele solcher Standards schießen über das Ziel hinaus.“ Wenn beispielsweise Wände und Decken immer dicker werden müssen, steigere das die Materialkosten deutlich. Außerdem sollte serielles Bauen stärker gefördert werden, so der Bausparkassenchef. Auch dürfe Wohneigentum nicht an den Erwerbsnebenkosten scheitern. „Allein mit besseren Abschreibungsmöglichkeiten für selbst genutzten Wohnraum und einer niedrigeren Grunderwerbssteuer wäre viel gewonnen.“
Bayern bauen teurer als Österreicher
Bauen in Bayern sei viel zu teuer, sagt auch Rudolf Limmer vom Verband Wohneigentum Bayern. So fielen für einen Quadratmeter Neubau in Bayern bis zu 4.000 Euro reine Baukosten an: „In Österreich schafft man das mit gut 3.000 Euro“, erklärt Limmer und gibt Vater Staat und seinen Regeln die Schuld: „Wir sind alle in Häusern groß geworden ohne diese überbordenden Vorschriften - und haben überlebt.“ Öffentliche Eigentümer könnten darüber hinaus mehr eigene Grundstücke kostengünstig zur Bebauung freigeben – auch dies könnte Wohnungskosten spürbar senken. Anstatt mit vielen Millionen Euro Steuermitteln den Wohnungsbau direkt zu subventionieren, fordert Limmer direkte Steueranreize für Investoren: „Eine Sonderabschreibung von fünf Prozent auf zehn Jahre für günstige Sozialwohnungen wäre ein guter Anreiz“, findet er: „Fördermittel allein werden das Wohnungsproblem nicht lösen.“
Nach Angaben des Pestel-Institutes hat Bayern pro Quadratmeter bundesweit die höchsten Baukosten. Darauf weist Instituts-Chef Matthias Günther gegenüber unserer Redaktion hin. Seiner Meinung nach lässt sich auch auf der Baustelle gut sparen: „Es reicht, die Standards einzuhalten, aber nicht überzuerfüllen, wie es (vermutlich auch in Bayern) die „gelebte Baupraxis“ der vergangenen Jahre war. Noch ein Punkt ist Günther wichtig: In Bayern standen im Mai 2022 mehr als 120.000 Wohnungen schon länger als ein Jahr leer. Grund waren beispielsweise Erbstreitigkeiten oder die Scheu der Besitzer vor einer Modernisierung. Wenn es gelinge, diese 120.000 Wohnungen wieder zu „beleben“, müsste wesentlich weniger gebaut werden, sagt Günther. Aktuell geht die Branche davon aus, dass im Freistaat mehr als 200.000 Wohnungen fehlen.
In Bayern stehen mehr als 100.000 Wohnungen langfristig leer
Besonders groß ist der Bedarf in und um München sowie in den weiteren bayerischen Groß- und Universitätsstädten. Um den dort erlahmten Bau von geförderten Wohnungen wieder in Gang zu bringen, hilft laut VdW-Chef Maier nur eines: viel Geld. 800 Millionen Euro seien nötig, um den Förderstau im bayerischen Bauministerium zu beseitigen. Dort nämlich sind vergangenes Jahr Förderanträge in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingegangen, zur Verfügung standen aber nur 700 Millionen Euro. Folge: Auch für 2025 ist das Geld bereits weg, frühestens kommendes Jahr gibt es wieder welches. Maiers Hoffnung ist nun, dass die neue Bundesregierung mehr Geld locker macht, sicher aber ist das nicht.
Baugenehmigungen: So sieht es in Bayern aus
Ausgelöst worden war der Wettlauf auf die Fördertöpfe durch die allgemeine Krise im Wohnungsbau. Um zu überleben, stürzten sich auch private Unternehmen auf die Projekte mit staatlicher Förderung (wir berichteten mehrfach). Beim Verband der bayerischen Wohnungsbauunternehmen hofft man nun, dass die private Konkurrenz alsbald wieder aufs angestammte Geschäftsfeld zurückkehrt und Wohnungen baut, die ohne staatliche Förderung auskommen. Erste Anzeichen gibt es: Die Nachfrage nach privaten Wohnungsbaukrediten hat wieder angezogen und die Zahl der genehmigten Wohnungen in Bayern ist im ersten Quartal 2025 um knapp zehn Prozent gestiegen. Allerdings: Im Jahr zuvor waren die Genehmigungen auch im Keller.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden