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Gutachten im Erzbistum München: Bischof Bätzing fordert Entschuldigung von Benedikt

Kirchen-Skandal in München

Kein Sonderrecht bei der Aufarbeitung: Bundesregierung ermittelt mit

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    Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, fordert vom Papst eine Entschuldigung.
    Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, fordert vom Papst eine Entschuldigung. Foto: Thomas Frey, dpa (Archivbild)

    Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat von dem emeritierten Papst Benedikt eine Entschuldigung für sein Verhalten im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche gefordert. "Er muss sich äußern, und er muss sich über seine Berater hinwegsetzen und im Grunde den schlichten, einfachen Satz sagen: "Ich habe Schuld auf mich geladen, ich habe Fehler gemacht, ich bitte die Betroffenen um Verzeihung." Anders geht das nicht", sagte Bätzing am Sonntagabend in der ARD-Talkshow "Anne Will".

    Papst-Berater Gänswein womöglich Ziel von Bätzing-Kritik

    Auf die Frage, ob er glaube, dass Benedikt dies auch tun werde, sagte der Limburger Bischof: "Ich traue es ihm zu - wenn er es schafft, sich von Beratern zu distanzieren. Das ist nun wirklich eine Schwäche von Benedikt XVI., von Joseph Ratzinger, sich nicht immer mit den besten Beratern zu umgeben." Diese Kritik dürfte auf Benedikts Privatsekretär und Vertrauten Georg Gänswein abzielen.

    Benedikt war in einem Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsvorwürfen im Erzbistum München und Freising Fehlverhalten vorgeworfen worden. Der 94-Jährige, der von 1977 bis 1982 Erzbischof in München war, bestreitet das aber.

    Skandal trifft Joseph Ratzinger: Papst Benedikt XVI. räumt Falschaussage ein - geht vielen nicht weit genug

    In einem wesentlichen Punkt räumte er vergangenen Montag ein, eine Falschaussage gemacht zu haben. Es geht dabei um seine Anwesenheit in einer Sitzung, in der über einen Missbrauchspriester gesprochen wurde. Die Falschaussage führte Gänswein jedoch auf ein technisches Versehen zurück. (Lesen Sie auch: Vatikan nimmt Alt-Papst im Kirchen-Skandal in München in Schutz)

    Bundesregierung: Aufarbeitung von Missbrauchsfällen nicht durch die Kirche

    Die Bundesregierung hat sich nun ebenfalls zum Skandal im Erzbistum München und Freising geäußert und betont, dass es bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle kein kirchliches Sonderrecht geben wird.

    "Die Aufarbeitung dieser Missbrauchsskandale wird nicht allein der Kirche überlassen", versicherte ein Sprecher des Justizministeriums am Montag in Berlin. Staatsanwaltschaften seien grundsätzlich verpflichtet, Anhaltspunkten für Straftaten nachzugehen. Nach den jüngsten Enthüllungen gebe es deshalb auch schon mehrere Dutzend Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München. (Zentralkomitee der Katholiken: "Kein klares Wort zur Causa Benedikt")

    Es ist ein emotionales Wiedersehen, das den 93-Jährigen auch physisch an seine Grenzen bringt, wie der Sprecher des Bistums am Freitag unter Berufung auf Benedikts Sekretär Georg Gänswein sagt.
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    Der emeritierte Papst 2020 bei einem Besuch bei seinem Bruder Georg Ratzinger in Regensburg. Der Kirchenmusiker ist kurze Zeit später verstorben.

    Das ist der Skandal im Erzbistum München und Freising

    Das vom Erzbistum selbst in Auftrag gegebene Gutachten einer Anwaltskanzlei war zu dem Ergebnis gekommen, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden waren. Die Gutachter gehen von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern aus sowie einer deutlich größeren Dunkelziffer. Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei "sehr erschüttert" und dringe auf eine Aufklärung der Vorwürfe.

    Die SPD-Politikerin und Juristin Ingrid Matthäus-Maier warf bei "Anne Will" der Politik vor, die Kirche viel zu lange geschont zu haben. "Wenn man es bösartig sagt, kann man sagen: Da war 'ne Kumpanei zwischen den offiziellen Kirchen und der Politik. Das muss aufhören", forderte sie.

    "Kumpanei" zwischen Kirche und Politik müsse aufhören

    Die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen forderte eine unabhängige Aufarbeitung des Missbrauchsskandals durch den Staat. "Es muss tatsächlich beim Bundestag, beim Beauftragten (der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs) (...) eine unabhängige Aufarbeitung geben." Man könne nicht sagen, das sei in der katholischen oder evangelischen Kirche geschehen und damit gleichsam extern.

    Katrin Göring-Eckhardt zum Missbrauch-Skandal: Staat muss mehr Verantwortung übernehmen

    "Das hat in Deutschland stattgefunden, und deswegen ist es unsere gemeinsame Verantwortung auch als politisch Agierende, dafür zu sorgen, dass auf der einen Seite, was das Arbeitsrecht angeht, Menschen, die anders leben, die anders lieben, selbstverständlich in dieser Kirche arbeiten dürfen, und auf der anderen Seite, dass diese furchtbaren Gewalttaten endlich aufgedeckt, aufgeklärt und entschädigt werden", sagte Göring-Eckardt. Das kirchliche Arbeitsrecht verbietet vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwa homosexuelle Partnerschaften oder erneute Heirat nach Scheidung.

    Leitfaden für Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch nicht verbindlich

    Auch der SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci plädierte dafür, Kirchen und andere Institutionen bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs stärker in die Pflicht zu nehmen: Neue Kommissionen seien dafür nicht erforderlich, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). Vielmehr könne man die schon bestehende Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs stärken.

    Würde deren Leitfaden für Aufarbeitung für verbindlich erklärt, müssten auch in der Kirche Mindeststandards eingehalten werden.

    Lesen Sie auch: Priester Wolfgang Rothe veröffentlicht Buch "Queer-Sein in der katholischen Kirche

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