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Queen Elizabeth II. ist tot: Die ewige Monarchin

Nachruf

Zum Tod der Queen: Die ewige Monarchin

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    Queen Elizabeth ist tot. Am 8. September starb sie im Alter von 96 Jahren. Im Bild: Königin Elizabeth II. von Großbritannien und ihr Mann Prinz Philip winken nach der prunkvollen Krönungszeremonie 1953 vom Balkon des Buckingham Palasts.
    Queen Elizabeth ist tot. Am 8. September starb sie im Alter von 96 Jahren. Im Bild: Königin Elizabeth II. von Großbritannien und ihr Mann Prinz Philip winken nach der prunkvollen Krönungszeremonie 1953 vom Balkon des Buckingham Palasts. Foto: Str, dpa

    Wo beginnen? Das Unaussprechliche und Undenkbare schien ja selbst in den vergangenen Monaten, als Königin Elizabeth II. mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, unmöglich zu sein. Zu besonders erschien die Situation, zu beispiellos der Fall:

    Die Queen, Zeitzeugin eines Jahrhunderts und die am längsten amtierende Monarchin der Welt, war doch immer da. Begleitete wie ein Familienmitglied das Leben von so gut wie jedem Briten, erlebte als Monarchin mehr als ein halbes Dutzend Päpste und 16 Premierminister mit – von Winston Churchill bis zur heutigen Regierungschefin Liz Truss. Auf eine völlig irrationale Weise gab es nie die Option, dass Königin Elizabeth II. sterben könnte. Am Donnerstag ist sie im Alter von 96 Jahren gestorben.

    Fassungslos stehen das britische Volk sowie royale Fans aus buchstäblich aller Herren Länder in Trauer vereint. Die ewige Monarchin war mit ihren farbenfrohen Kostümen und leuchtenden Hüten das Aushängeschild der Nation – zwar ohne offensichtliche Macht in der Tagespolitik, aber, oder genau deshalb, mit größter Bedeutung. Sie bildete den britischen Staatskern. Lesen Sie auch: "Eine geschätzte Regentin und eine sehr geliebte Mutter": Die ersten Reaktionen auf den Tod von Queen Elizabeth

    Geboren in London: Prinz Albert (der spätere König George VI.) und seine Frau Elizabeth halten ihre neugeborene Tochter Elizabeth Alexandra Mary im Arm, die am 21. April 1926 zur Welt kam.
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    Am 8. September 2022 ist Queen Elizabeth II. im Alter von 96 Jahren gestorben. Sie war die dienstälteste Monarchin der Welt. Ihr Leben und Wirken in Bildern.

    In Deutschland begründete sich die Popularität des Königshauses vor allem in der Lust am Klatsch, in der Exotik und der Folklore. Derweil trat die Monarchin für die Insel auch als politische Akteurin auf, repräsentierte und sorgte für diplomatische Erfolge, wenn sie Regierungschefs und wichtigen Persönlichkeiten die Tür zu ihren Palast-Gemächern öffnete oder ihnen als Großbritanniens erfolgreichstes Exportprodukt einen Besuch abstattete. Sie stand als Staatsoberhaupt nicht nur dem Vereinigten Königreich vor, sondern auch 14 weiteren Ländern des Commonwealth, darunter Australien, Neuseeland und Kanada. Und wurde in fast sieben Jahrzehnten zum institutionellen Gedächtnis Großbritanniens.

    Die Welt konnte sich verändern, die Queen winkte. Wie groß ihr indirekter Einfluss auf die Politik tatsächlich war, wird zum Verdruss vieler Monarchiegegner wohl erst in rund 100 Jahren nach der Freigabe der privaten Papiere bekannt werden. Die Unnahbare zog die schweren Palastvorhänge stets nur einen Spalt weit auf, um das Rätselhafte ihrer Person und die Magie der Monarchie zu bewahren.

    Blumen sind am Tor des Buckingham Palace angebracht. Die Choreographie bis zum Staatsbegräbnis der Queen ist minuziös durchgeplant - eine Zeit der Trauer für die Monarchie.
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    Heute vor einem Jahr starb die Queen. Großbritannien und die Welt trauerten um Elizabeth II. Ein Rückblick auf einen geschichtsträchtigen Tag.

    Queen Elizabeth II. war Emotionales fremd

    Emotionales war ihr zudem fremd. Nur wenige Male rang sie in der Öffentlichkeit mit den Tränen. Als sie im April 2021 allein und in tiefer Trauer Abschied von ihrem Ehemann, Prinz Philip, nahm, sagte sie im Anschluss an die aufgrund von Corona-Restriktionen klein gehaltene Abschiedszeremonie, es herrsche jetzt eine Leere um sie. Ihre wichtigste Stütze, fast 74 Ehejahre an ihrer Seite, war plötzlich nicht mehr da. Sie litt unter dem Verlust – und ging nach einer zweiwöchigen Trauerzeit dennoch wieder arbeiten. „Lass es uns angehen“, lautete das Motto in der ältesten Generation der Windsors. (Lesen Sie auch: "Das für viele Menschen Unfassbare ist geschehen ": Pressestimmen zum Tod von Königin Elizabeth ll.)

    Zeit ihres Lebens übte Elizabeth II. mit stoischer Ruhe, viel Symbolik und strenger Disziplin ihren Dienst am Volk aus. In den Augen ihrer Untertanen stand sie als Symbol für Tugenden wie Hingabe, Pflichtbewusstsein und Standhaftigkeit. Sie war moralisches Vorbild und musste in einer Gesellschaft, die in ihrer Neigung zum Konservativen mit tief sitzenden Klassenunterschieden kämpft, als Verbindungselement zwischen Oberschicht und Arbeiterklasse dienen.

    "Der Tod meiner geliebten Mutter, Ihrer Majestät die Königin, ist ein Moment größter Trauer für mich und meine gesamte Familie. Wir betrauern zutiefst den Tod einer geschätzen Herrscherin und einer geliebten Mutter. ..." Erste Worte des Statements des neuen Königs Charles lll. nach dem Tod von Königin Elizabeth ll.
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    Prinz Charles ist nach dem Tod von Queen Elizabeth ll. der neue König des Vereinigten Königreichs. Am Samstag, 6. Mai wird er offiziell zum König gekrönt.

    Königin Elizabeth II. schwebte über allem, im Wunschdenken zahlreicher Briten und Palastfans auf der ganzen Welt auch über der Zeit. 2015 überholte sie Queen Victoria mit der längsten Regentschaft. Während aber ihre Ururgroßmutter das goldene Zeitalter Britanniens geprägt hat, ist unter der Herrschaft Elizabeths II. das Empire zerfallen, die Macht und der Einfluss des einstigen Weltreichs sanken stetig. Kritiker behaupten, dass nicht viel bleiben wird von Elizabeths Ära.

    Außer das Commonwealth, das sie mitaufgebaut und zusammengehalten hat. Ihm galt ihre Priorität. „Elizabeth II. hat es geschafft, die schlechten Erfahrungen und all die Verbrechen, die im Empire stattgefunden haben, in etwas Positives zu verwandeln – aus einer negativen Kolonialgeschichte ist so etwas Gutes entstanden“, sagte die royale Historikerin Karina Urbach einmal in einem Interview.

    Die Royals verkörpern noch immer das alte Britannien

    Doch ob sie wie Victoria nach ihrem Tod ein neues Zeitalter prägen wird, wie es sich schon Winston Churchill erhoffte, wird bezweifelt. „Sie spielt nicht in derselben Liga wie Elizabeth I. oder Victoria, schon allein, weil sie keine vergleichbare politische Macht hat“, befand Urbach. „Immer und immer wieder, leise und bescheiden, hat die Königin uns allen gezeigt, dass wir zuversichtlich in die Zukunft gehen können – ohne die Dinge zu verraten, die uns wichtig sind“, schrieb Prinz William in einem Vorwort zu einer Biografie.

    Doch nur auf Druck der Gesellschaft und mit Hilfe der Enkel verlieh sie ihrer Institution nach und nach einen moderneren Anstrich. Die Royals, die das herrschaftliche Theater voller Prunk, Pracht und Pomp auf beispiellose Weise zelebrieren, verkörpern in all ihrer Traditionsverbundenheit das alte Britannien, dem noch immer viele auf der Insel insgeheim nachtrauern – trotz des Kolonialismus mit seinen gerne verdrängten Schattenseiten.

    Die königliche Prozession verlässt den Buckingham Palast für die Geburtstags-Parade Trooping the Colour, am ersten von vier Tagen der Feierlichkeiten zum Platinjubiläum der Queen. In London beginnen die Feierlichkeiten zum 70. Thronjubiläum der britischen Königin. +++ dpa-Bildfunk +++
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    "Trooping the Colour": Anlässlich des 70. Thronjubiläums der Queen wird die traditionelle Geburtstagsmilitärparade für Elizabeth II. zelebriert. Die Bilder.

    Elizabeth Alexandra Mary Windsor, so ihr voller Name, hat in fast sieben Jahrzehnten große Umwälzungen erfahren, die Suez-Krise miterlebt und den Kalten Krieg, den wirtschaftlichen Kollaps in Großbritannien, die technischen Neuerungen, den blutigen Unabhängigkeitskampf der nordirischen Untergrundorganisation IRA und schließlich das Brexit-Votum, das Europa erschütterte.

    Am 6. Februar 1952 wurde sie nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters König George VI. über Nacht zur Königin. Weil sie gerade abgeschnitten von der Zivilisation in Afrika auf einer Safari weilte, erfuhr Lilibet, wie sie als Mädchen von Familie und Freunden genannt wurde, als eine der letzten Menschen von ihrer plötzlichen Regentschaft. Das ist über 70 Jahre her. Sie war 25 Jahre alt – und das vergleichsweise unbeschwerte Leben mit ihrem frisch angetrauten Mann schlagartig vorüber.

    Fünfmal besuchte Königin Elizabeth Deutschland

    Am 2. Juni 1953 fand Elizabeths Krönung in der Westminster Abbey statt, sie wurde live im Fernsehen übertragen – ein Novum. Seitdem geriet ihr das höfische Korsett zumindest in der Außendarstellung nie zu eng. Geprägt vom Sparzwang der Kriegs- und Nachkriegszeit, pflegte Ihre Majestät, die weniger für ihre Intellektualität als für ihren Pragmatismus bekannt ist, stets das Image als bodenständige Frau. Auf dem royalen Frühstückstisch etwa standen Tupperdosen mit Cornflakes und Haferflocken, Sachen wegzuwerfen blieb ihr verhasst. Am liebsten präsentierte sie sich in Gummistiefeln in der Natur, umgeben von Tieren. „Sie mag Hunde, Pferde, Männer und Frauen – und zwar in dieser Reihenfolge“, schrieb einmal Biograf Graham Turner.

    Königin Elizabeth II. hält einen Strauß Blumen in ihrer Hand, als sie im Vorplatz des Palastes von Holyroodhouse an der Ceremony of the Keys teilnimmt. Erstmals seit ihrem Platinjubiläum hat sich Queen Elizabeth II. bei einem Termin in der Öffentlichkeit gezeigt. +++ dpa-Bildfunk +++
    Königin Elizabeth II. hält einen Strauß Blumen in ihrer Hand, als sie im Vorplatz des Palastes von Holyroodhouse an der Ceremony of the Keys teilnimmt. Erstmals seit ihrem Platinjubiläum hat sich Queen Elizabeth II. bei einem Termin in der Öffentlichkeit gezeigt. +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Jane Barlow, dpa (Archiv)

    Selbst im hohen Alter war sie noch Schirmherrin von mehr als 600 Wohltätigkeitsorganisationen, das Ehrenamt lag ihr am Herzen. Die tief religiöse Monarchin stand zudem als weltliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche vor und war Chefin der Streitkräfte. Jeden Morgen ging sie, wenn sie denn zu Hause im Buckingham Palace war, nach dem Aufstehen ihre Korrespondenz durch, beantwortete Mitteilungen, wobei nur die per Post geschickten Briefe auf eine persönliche Antwort der Queen hoffen durften. Häufig aber hatte sie Termine, weihte Bahnstrecken ein oder besuchte Schulen und Krankenhäuser. Sich zeigen, lächeln, Smalltalk führen. Pausen gönnte sie sich nur wenige.

    Im Privaten kümmerte sie sich um ihre geliebten Corgis, die sie lange selbst züchtete, und Pferde. Ihr wurde ein guter Humor nachgesagt, aber wer weiß das schon so genau? Die Queen blieb unnahbar und mysteriös, nie hat sie in all den Jahrzehnten ein Interview gegeben.

    Im Auftrag der Diplomatie reiste Ihre Majestät bis zum Ausbruch der Pandemie durch die Welt. So besuchte sie allein die Bundesrepublik fünfmal: 1965, 1978, 1992, 2004 und 2015, als die Deutschen mit ihrer Bewunderung für die britische Monarchin für sehr viel Verwunderung bei der britischen Bevölkerung sorgten. Die Monarchin erfüllte viele der Hoffnungen, die in sie gesetzt wurden: Sie nahm nach den beiden Kriegen die deutsch-britischen Freundschaftsbande wieder auf und verknüpfte sie, zwar vorsichtig, aber nachhaltig. Das gelang allen Politikern in den Jahren zuvor nicht oder zumindest nicht auf ähnlich erfolgreiche Weise.

    Elizabeth II. war das mit Abstand beliebteste Mitglied der Familie Windsor

    Immer hielt sie sich an das Versprechen, das sie an ihrem 21. Geburtstag 1947 ihren Landsleuten gegeben hat: „Mein ganzes Leben, sei es kurz oder lang, werde ich in Euren Dienst stellen.“ Ihre Untertanen verehrten sie für diese Integrität. Elizabeth II. war das mit Abstand beliebteste Mitglied der Familie Windsor – der „Firma“, wie Prinz Philip mal die Royals bezeichnete.

    Dabei stand die Monarchie nicht immer so gut da wie heute. In den 90er Jahren sorgte die jüngere Generation, vor allem drei ihrer vier Kinder Charles, Anne, Andrew und Edward, für Skandale und Peinlichkeiten, die sich keine Seifenoper hätte besser ausdenken können. Prinz Andrew trennte sich von seiner Frau Sarah Ferguson, Tochter Anne ließ sich von Mark Philips scheiden und Prinz Charles und Diana gingen auseinander – all das nicht ohne Enthüllungen in der sensationslüsternen Presse. Als wäre es nicht genug, brannte Schloss Windsor zu Teilen nieder. Die Queen bezeichnete deshalb 1992 als „annus horribilis“, als Schreckensjahr.

    Queen Elizabeth II. war 70 Jahre lang britische Königin.
    Queen Elizabeth II. war 70 Jahre lang britische Königin. Foto: Str

    Hinzu kam, dass die Bevölkerung dagegen rebellierte, mit ihren Steuergeldern für das Königshaus, in diesem Fall für die Instandsetzung von Windsor, zur Kasse gebeten zu werden. Die pragmatische Elizabeth II. fand die passende Antwort und bezahlte fortan Steuern. Doch ihr persönlicher Tiefpunkt sollte erst noch folgen, als 1997 ihre Ex-Schwiegertochter Diana bei einem Unfall starb. Damals tauchte die Regentin tagelang ab, während das erzürnte Volk in seiner Trauer „mehr Mitgefühl“ von seinem Staatsoberhaupt forderte. Die Monarchie geriet für einen Moment ins Wanken.

    Nun wird Prinz Charles übernehmen: God save the King

    Erst nachdem die Königin in ein Staatsbegräbnis für die ungeliebte Diana einwilligte und sich vor ihrem Sarg verbeugte, zeigten sich die Briten versöhnlich. Mittlerweile hatten die Menschen Elizabeth II. alle Fehltritte verziehen. Auch die jüngsten Skandale um ihren angeblichen Lieblingssohn Prinz Andrew oder die Angriffe von Prinz Harry und Herzogin Meghan prallten zumindest an der Queen – oder besser ihrer Reputation – ab. Was nun?

    Ihr Geburtsort in der 17 Bruton Street im schicken Londoner Viertel Mayfair, wo damals ihre Eltern wohnten, beherbergt heute ein Restaurant für kantonesische Küche. Die Entwicklung passt zu dieser Metropole, die im steten Fluss ist, sich unaufhörlich verändert und den Takt angibt in Mode, Musik und Kultur. Großbritannien ging in den vergangenen Jahrzehnten in Krisen und Finanzcrashs in die Knie und stand wieder auf, erlebte Terror, strauchelte mit dem Brexit und sah Trends genauso wie Politiker kommen und verschwinden. Die Zeiten scheinen schneller geworden zu sein, die Momente flüchtiger.

    Königin Elizabeth II. war sich in ihrer Unmodernheit stets treu geblieben und strahlte eben deshalb jene Kontinuität aus, nach der sich offenbar so viele Menschen sehnten. In glücklichen, traurigen und schweren Momenten hielt die überparteiliche Queen das gesellschaftlich gespaltene Land irgendwie zusammen. Ihre Ewigkeit ist nun zu Ende gegangen. Prinz Charles übernimmt. „The Queen is dead. God save the King.“

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