In Deutschland gibt es fast 5,7 Millionen pflegebedürftige Menschen. Die überwiegende Mehrheit von ihnen – laut Pflegestatistik 2023 sind es 85,9 Prozent – wird zu Hause versorgt, meist durch Angehörige und/oder ambulante Pflegedienste. Nur 14,1 Prozent leben in einem Pflegeheim – das entspricht rund 800.000 Menschen. Sie haben den oft herausfordernden Schritt bereits hinter sich, einen Platz in einer stationären Einrichtung zu finden. Doch die Suche endet nicht beim ersten freien Bett: In der Regel geht es nicht nur darum, überhaupt einen Heimplatz zu bekommen – und diesen bezahlen zu können –, sondern auch darum, eine Einrichtung mit guter Pflegequalität zu finden. Dabei können die Prüfberichte für Pflegeheime helfen, die nach einem deutschlandweit einheitlichen Bewertungssystem erstellt werden.
Qualität von Pflegeeinrichtungen: Warum wurde das alte Notensystem abgeschafft?
Wie das Portal pflege.de informiert, beurteilte bis Ende 2019 der Medizinische Dienst (MD) in Zusammenarbeit mit dem Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung regelmäßig stationäre Pflegeeinrichtungen sowie ambulante Pflegedienste. Doch das System der Pflegenoten stand schon länger in der Kritik: Viele Einrichtungen kannten die Prüfkriterien genau und bereiteten sich gezielt darauf vor. Wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) berichtet, konnten zudem Mängel in verschiedenen Bereichen ausgeglichen werden – wodurch die Transparenz und Vergleichbarkeit der Ergebnisse eingeschränkt waren.
Der bundesweite Durchschnittswert von 1,2 gab daher laut pflege.de kaum die tatsächliche Pflegequalität wieder. Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wurde entschieden, das Notensystem ab November 2019 durch ein neues, indikatorengestütztes Prüfverfahren zu ersetzen. „Mittlerweile muss die Qualität von Pflegeheimen nach einem bundesweit einheitlichen System erfasst und dargestellt werden“, sagte Sabine Strüder, Fachbereichsleiterin Gesundheit und Pflege bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, gegenüber dem RND. Dabei rückt die reine Dokumentation in den Hintergrund – stattdessen wird stärker berücksichtigt, ob die Bewohner angeben, dass ihre persönlichen Bedürfnisse erfüllt werden, schreibt pflege.de.
Modernes Bewertungssystem in der Pflege: Wie erkennen Sie, wie gut ein Pflegeheim ist?
Seitdem müssen alle Pflegeheime eine verpflichtende Qualitätsprüfung absolvieren, damit die Bewertungen die tatsächlichen Verhältnisse besser widerspiegeln, informiert pflege.de. Das neue, bundeseinheitliche Bewertungssystem basiert laut dem RND auf drei Säulen:
Externe Qualitätsprüfung
- Wird in der Regel einmal jährlich durch ein Prüfteam des Medizinischen Dienstes oder der privaten Krankenversicherungen durchgeführt.
- Im Prüfprozess werden neun zufällig ausgewählte Bewohner des Pflegeheims befragt und begutachtet.
- Hauptaugenmerk liegt auf der Versorgung: Untersucht werden unter anderem Körperpflege, Ernährung und Wundversorgung.
- Die Ergebnisse werden anschließend auf einer vierstufigen Skala ausgewertet.
Interne Qualitätsprüfung anhand von Indikatoren
- Heime erfassen selbst zweimal jährlich bestimmte Indikatoren bei der gesamten Bewohnerschaft der Einrichtung, die bundeseinheitlich vorgegeben sind, zum Beispiel Mobilität, Druckgeschwüre und Gewichtsverlust.
- Auch Aspekte wie Fixieren von Bewohnern oder Schmerzbeurteilungen werden berücksichtigt.
- Die Bewertung erfolgt auf einer fünfstufigen Skala.
Freiwillige strukturelle Informationen
- Einrichtungen können Angaben über ihre Ausstattung und Struktur machen, auch Angaben zum Personal sind möglich.
- In der Praxis machen Einrichtungen jedoch keine oder unvollständige Angaben zu Personalfragen, was Verbraucherschützer kritisch sehen, da das Personal entscheidenden Einfluss auf die Pflege- und Betreuungsqualität hat.
Sabine Strüder kritisiert am Bewertungssystem außerdem die Unübersichtlichkeit: „Das ist für viele schwer verständlich, hier ein vierstufiges Bewertungssystem, dort ein fünfstufiges [… ] Künftig sollte es eine übersichtlichere Kurzfassung der Ergebnisse geben.“
Qualität in Pflegeheimen: Hier finden Sie die Bewertungsberichte
Die Bewertungsberichte über Pflegeeinrichtungen sind öffentlich verfügbar, etwa über:
- den AOK-Pflegenavigator,
- den vdek-Pflegelotsen des Verbands der Ersatzkassen oder
- den BKK-PflegeFinder.
Einen Überblick über alle Pflegeheime und Pflegedienste in Deutschland bietet zudem die Webseite der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA). Teils gibt es dort auch Erfahrungen und persönliche Bewertungen zu den Einrichtungen.
Tipps für die Pflegeheim-Suche: Was sollten Pflegebedürftige und ihre Angehörigen beachten?
Bei der Entscheidung für ein Pflegeheim lohnt es sich, neben den offiziellen Bewertungen auch eigene Einschätzungen einzuholen. Zum Beispiel durch folgende Maßnahmen, die das RND mithilfe von Aussagen von Maria Sievers von der BIVA zusammengetragen hat:
- Persönlicher Besuch: Ein Tag der offenen Tür oder ein gemeinsames Mittagessen mit Bewohnern können Eindrücke vom Alltag, dem Umgangston und der Verpflegung vermitteln.
- Kontakt zum Heimrat: Jedes Pflegeheim hat einen Heimrat – dort lassen sich Fragen stellen zu Atmosphäre, Personal oder Fluktuation.
- Verlässliche Quellen prüfen: Da die strukturellen Angaben von Heimen freiwillig sind, können sie schwanken – daher empfiehlt sich eine kritische Prüfung und gegebenenfalls Nachfrage direkt im Heim.
Fazit: Mit dem einheitlichen Bewertungssystem soll für Pflegebedürftige und Angehörige eine transparentere, nachvollziehbarere und vergleichbare Grundlage geschaffen werden, um eine sinnvolle Entscheidung für oder gegen die Unterbringung in einer Einrichtung treffen zu können. Dennoch bleibt ein erheblicher Spielraum für Verbesserungen, insbesondere bei der Verständlichkeit und Offenlegung der strukturellen Aspekte. Eine weitere Herausforderung für Betroffene bleibt zudem, dass die tatsächliche Auswahlmöglichkeit an Heimen regional begrenzt ist – viele Einrichtungen sind dauerhaft ausgelastet und unabhängig von ihrer Qualität belegt, erklärt Maria Sievers. Daher ist es sinnvoll, frühzeitig mit der Suche zu beginnen.
Übrigens: In einem Ort in Baden-Württemberg wird das Konzept der stambulanten Pflege schon gelebt: Es verbindet die beiden Pflegeformen ambulant und stationär. Solche „Mitmach-Heime“ können eine Alternative zu klassischen Pflegeeinrichtungen sein.
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