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Günther Felßner gibt Agrarminister-Ambitionen auf: Was hinter dem überraschenden Rückzug steckt

Landwirtschaft

Felßner weg, CSU unter Druck: Wen nominiert Söder als Agrarminister?

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    Ein Bild aus dem Jahr 2023: Bauernverbandspräsident Günther Felßner und Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Rückt sie nun an seine Stelle in Berlin?
    Ein Bild aus dem Jahr 2023: Bauernverbandspräsident Günther Felßner und Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Rückt sie nun an seine Stelle in Berlin? Foto: Sven Hoppe, dpa

    Man sieht Günther Felßner an, dass die letzten Tage Spuren hinterlassen haben. Der Präsident des bayerischen Bauernverbands sitzt am Küchentisch, der Blick unruhig, die Ringe unter den Augen dunkel. In einem Video, das der Verband am Mittwoch teilt, sagt Felßner: „Zurzeit läuft eine unsägliche Kampagne gegen mich. Eine Kampagne gegen meine Person, aber auch gegen die Tierhaltung insgesamt.“

    Der 58-Jährige hatte vor einer Woche angekündigt, dass er nicht mehr für die CSU Bundesagrarminister werden will. Tags zuvor waren militante Tierrechtsaktivisten auf den Hof der Familie in Günthersbühl eingedrungen, auf das Stalldach gestiegen und hatten Bengalos gezündet. Felßner sprach bei seinem Rückzug von einem „Überfall“, davon, dass seine Frau „Angst um Leib und Leben“ gehabt habe.

    Die Bilder von Peta wurden nachts in Felßners Stall aufgenommen

    Doch nun ist klar, dass auch das Veterinäramt auf Felßners Hof vorstellig wurde – und das noch vor den Aktivisten von „Animal Rebellion“. Auslöser war nach Angaben eines Sprecher des Landratsamts Nürnberger Land eine „tierschutzrechtliche Meldung“ der Tierschutzorganisation Peta. Diese beruft sich auf anonym zugespieltes Bildmaterial, das nachts in Felßners Rinderstall aufgenommen wurde. Einen Tag nach der Peta-Meldung, am 21. März, rückten drei Amtstierärzte zu einer unangekündigten Vor-Ort-Kontrolle auf Felßners Hof an. Dabei stellten die Veterinäre gering- bis mittelgradige Mängel in dem ehemaligen Milchviehstall fest, der zu dieser Zeit für die Rindermast umgebaut wurde.

    In der Videobotschaft bezieht Felßner nun Stellung und teilt zudem Bilder der beanstandeten Mängel. Man habe diese umgehend behoben. Ein Brett am Futtertisch der Kälberbox wurde abgeschrägt, mehr Stroh im Laufstall eingestreut. Die beiden Tiere, deren Fell die Veterinäre moniert hatten, erhielten vom Hoftierarzt Vitamine. Felßner hatte die Tiere im Dezember in schwierigem Zustand von einem Betrieb übernommen, den das Veterinäramt auflösen musste. Beim Landratsamt betont man, die Nachkontrolle des Veterinärsamts habe auf Felßners Wunsch bereits einen Tag früher stattgefunden. Just an dem Tag, an dem Felßner in München seinen Rückzug vom Agrarministerposten erklärte.

    Ein Bild der Kontrolle im Stall von Günther Felßner: Die Veterinäre sahen am Futtertisch einen geringgradigen Mangel. Dieses Brett musste abgerundet werden.
    Ein Bild der Kontrolle im Stall von Günther Felßner: Die Veterinäre sahen am Futtertisch einen geringgradigen Mangel. Dieses Brett musste abgerundet werden. Foto: privat

    Beim Bauernverband ist die Rede von „geringen und schnell zu behebenden Mängeln“. Auch in der CSU sieht man das so. Fraktionschef Klaus Holetschek betont: „Solche Kontrollen finden in einer Vielzahl von Betrieben statt, denn Tierschutz ist in Bayern ein hohes Gut.“ Auch sein SPD-Kollege Holger Grießhammer spricht von überwiegend geringen Mängeln, „die bei Routinekontrollen in sehr vielen Betrieben auftreten und in diesem Fall auch sofort abgestellt wurden“.

    Grünen-Chefin Sengl nennt Felßner „ein schlechtes Vorbild für andere Bauern“

    Trotzdem stellt sich die Frage, warum Felßner die Ergebnisse der Kontrolle nicht öffentlich gemacht hat. Und ob sie eine Rolle für seinen Rückzug gespielt haben. Gisela Sengl, Chefin der bayerischen Grünen und selbst Bäuerin, findet deutliche Worte: „Wer seinen eigenen Hof nicht im Griff hat und Probleme am liebsten verschweigt, ist als Minister ungeeignet.“ Der Bauernverbandspräsident sei „ein schlechtes Vorbild für andere Bauern“.

    Kontrolle auf dem Hof von Günther Felßner: Die Veterinäre sahen einen geringgradigen Mangel, der Laufhof müsse abgeschoben werden.
    Kontrolle auf dem Hof von Günther Felßner: Die Veterinäre sahen einen geringgradigen Mangel, der Laufhof müsse abgeschoben werden. Foto: privat

    Auch, wenn man das in der CSU grundlegend anders sieht, könnte der Besuch der Veterinärmediziner den Druck auf Felßner erhöht haben. Schließlich ist in Berlin immer wieder die Rede davon, dass der Rückhalt für Felßner bröckelte, weil er bei den Koalitionsverhandlungen keine gute Figur abgegeben haben soll. In Markus Söders Wahlkampf-Strategie hatte Felßner noch eine besondere Rolle gespielt. Als erklärter Wunschkandidat der CSU für das Ministeramt sollte der Bauern-Lobbyist bei den Landwirten punkten. Ganz neu ist diese Taktik nicht: Im Landtagswahlkampf 2023 hatte Söder für die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber eine Job-Garantie ausgesprochen. Jetzt fällt Kanibers Name oft, wenn es um das Agrarministerium in Berlin geht, das Söder nach wie vor für die CSU beansprucht. Wen er dabei im Auge hat, lässt er offen – und auch Kaniber äußert sich nicht. Was zumindest heißt: Sie sagt nicht „Nein“.

    Ein Bild der Kontrolle bei Günther Felßner: Die Veterinäre beanstandeten das Fell der Tiere, die Felßner zuvor von einem anderen Hof übernommen hatte. Die Tiere wurden mit zusätzlichen Vitaminen versorgt.
    Ein Bild der Kontrolle bei Günther Felßner: Die Veterinäre beanstandeten das Fell der Tiere, die Felßner zuvor von einem anderen Hof übernommen hatte. Die Tiere wurden mit zusätzlichen Vitaminen versorgt. Foto: privat

    Die 47-Jährige gilt als Söders „Bauernflüsterin“. Während der Bauernproteste vor einem Jahr hat sie aus Sicht des CSU-Chefs bewiesen, dass sie ein Ministerium leiten und Konflikte moderieren kann. Also: Alles klar für Kaniber? Mitnichten. Mittlerweile macht in CSU- und Regierungskreisen in München auch die Interpretation die Runde, dass die CSU im Zuge des Berliner Koalitionspokers auf das Agrarministerium verzichten könnte. Dieses gehört traditionell zu den Ressorts, in denen man schnell zwischen allen Stühlen landet und sich Ärger einhandelt – wozu sich das noch antun, wenn der Wahlkampf beendet ist? Abwägen und entscheiden wird diese Fragen letztlich einer: Markus Söder. 

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