Fragte man zuletzt die Spitzen der bayerischen CSU/Freie-Wähler-Koalition welche politischen Projekte die Staatsregierung denn bis zum Jahresende aufs Gleis setzen könnte, stieß man auf erstaunlich wenig Konkretes: Vom lange versprochenen Wassercent war dann etwa die Rede, der aktuell allerdings im „Praxis-Check“ eine Warteschleife dreht. Oder vom neuen Ladenschlussgesetz, das wenig spektakulär seiner endgültigen Verabschiedung im Landtag entgegendümpelt.
Neue Ideen oder Projekte für Bayern? Mangelware. Dabei stand Ministerpräsident Markus Söder (CSU) doch immer in vorderster Reihe das Erreichte in Bayern nicht nur zu verwalten, sondern die eigene Zukunft bestmöglich politisch zu gestalten.
Hauptproblem beim Gestalten ist jedoch, dass auch im Freistaat die Jahre sprudelnder Steuereinnahmen vorbei sind. Neue politische Ideen lassen sich deshalb nicht mehr einfach aus Steuermehreinnahmen bezahlen. Im Gegenteil: Will man neue politische Schwerpunkte finanzieren, muss man irgendwo anders Geld einsparen. Doch das ist nicht populär, weshalb die Söder-Regierung finanzielle Einschnitte offenbar so lange wie möglich vermeiden möchte - schließlich stehen im Frühjahr 2026 schon wieder Kommunalwahlen vor der Tür.
Finanzminister Füracker: Konsolidierung an manchen Stellen unumgänglich
„Es geht beim Haushalt nicht darum, jetzt irgendwie was zusammenzustreichen“, beteuerte Söder deshalb kürzlich: „Es geht nur um die Frage, wie der Aufwuchs weiter organisiert werden kann.“ Mit den prognostizierten Einnahmeverlusten für Bayern könne er jedenfalls „gut arbeiten“, versicherte er.
Doch stimmt das wirklich? Letzten Herbst wurden die bayerischen Einnahmeverluste für 2026 bereits auf stolze 1,5 Milliarden Euro beziffert. Finanzminister Albert Füracker (CSU) geht zwar inzwischen von geringfügigeren Einbrüchen aus. Trotzdem gebe es bis Ende 2027 „keinen Spielraum für größere Ausgabensteigerungen“, mahnt er. An manchen Stellen werde gar „eine Konsolidierung unumgänglich sein“. Zumal auch die einst üppigen Milliarden-Rücklagen des Freistaats fast aufgebraucht sind.
CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek sprach kürzlich gar von einem notwendigen „Kassensturz“ in Bayern. Versprochene Projekte wie etwa der Ausbau der Unikliniken in Würzburg und Augsburg stünden zwar nicht in Frage. „Wir müssen aber auch fragen: Was kann man finanziell leisten? Wo liegen die Prioritäten? Was ist absolut notwendig?“, erklärte er.
Söder nennt das vermeintliche Kassensturz-Treffen lieber eine „Orientierungsklausur“
Zu dieser Klärung beitragen soll nun eine Kabinettstagung kommenden Sonntag und Montag am Tegernsee. Söder nennt das vermeintliche Kassensturz-Treffen lieber eine „Orientierungsklausur“. Eine eigene Haushaltsklausur für den Etat 2026/2027 soll offenbar später folgen.
Drei inhaltliche Schwerpunkte hat Söder bereits angekündigt: Bayerns Krankenhäuser sollen gestärkt werden - vor allem mit Geld vom Bund. Einen neuen „Wohnungsbau-Turbo“ soll es zudem geben mit Fördermitteln sowohl für die staatliche „Bayernheim“ wie auch für kommunale Wohnungsbauer - hier hatte es wegen leerer Fördertöpfe zuletzt Ärger gegeben. Drittens sollen die „Kita-Strukturen gestärkt“ werden - allerdings eher nicht mit neuem Geld, sondern durch Reformen „um die Effizienz der Mittel so gut wie möglich zu gewährleisten“.

Einsparen will Söder vor allem bei den Kosten der Migration, die 2024 für den Freistaat bei mehr als zwei Milliarden Euro lagen, sowie bei den explodierenden Personalkosten: Allein von 2024 auf 2025 dürften die Kosten für Beamte und Angestellte um rund zwei Milliarden Euro auf mehr als 31 Milliarden Euro steigen. Vier von zehn Steuer-Euros gibt Bayern inzwischen für sein Personal aus. Bereits letzten Herbst hatte Söder deshalb ein Stellenmoratorium für 2026 angekündigt.
Ebenfalls beschlossen ist die Halbierung des staatlichen Pflege- und Familiengeldes. Und auch beim Umweltschutz droht der Rotstift: Umweltschutzverbände rechnen vor, dass es bis Ende 2027 rund 200 Millionen Euro mehr bräuchte, um die Ziele der Staatsregierung beim Artenschutz zu erreichen. Stattdessen dürfte es weniger Geld werden: Schon in diesem Jahr wurde gekürzt und gestreckt - etwa beim Vertragsnaturschutz und bei den Landschaftspflegeverbänden.
Was der Kassensturz am Tegernsee für die teuren Hochwasserschutzprogramme des Freistaats bedeuten wird? „Da können Sie ebenso gut in die Glaskugel schauen“, seufzt ein hoher Beamter aus dem Umweltministerium. Ressortchef Thorsten Glauber (Freie Wähler) konnte nach der Hochwasserkatastrophe vor einem Jahr noch rund 80 Millionen Euro extra loseisen - zusätzlich zu den rund 280 Millionen Euro, die jährlich für Deiche und Dämme zur Verfügung stehen. Da es sich meist um langfristige Projekte handelt und der politische Druck beim Thema Hochwasser groß ist, gelten einschneidende Kürzungen hier jedoch als wenig wahrscheinlich.
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