Der Vorhang geht auf und die Union präsentiert die Frauen und Männer, die für CDU und CSU als Minister die Bundesrepublik Deutschland regieren sollen. Über die Besetzungsliste des Kabinetts von Friedrich Merz wird seit Wochen spekuliert – was ihrer teilweisen Enthüllung (die SPD lässt sich noch Zeit) große Aufmerksamkeit bescheren wird. Und dennoch: Nicht alle Namen wird man sich sofort merken, einige sogar nie. Außerdem: Die spannendste Personalie bleibt offen.

In der Politik zählt Aufmerksamkeit – das weiß Markus Söder
Ein politisches Amt allein genügt längst nicht, damit es sich in Aufmerksamkeit auszahlt. Und diese ist nun mal mit die wichtigste Währung in diesem Geschäft. Kaum jemand folgt dieser Erkenntnis konsequenter als der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Markus Söder, besonders als sein eigener Regisseur in den sozialen Medien. Wenn Söder isst, tanzt, komische Pullis trägt oder deplatziert wirkende Lächel-Selfies von der Reise zur Trauerfeier für den Papst sendet, dann ist ihm Aufsehen gewiss – und natürlich auch Kritik. Bei Weitem nicht alles, was schräg daherkommt, kommt gut an.
Übersehen wird dabei häufig, dass Söder über TikTok, X und Co auch jede Menge politische Inhalte verbreitet, also seinem Kerngeschäft nachkommt. Inwieweit diese Botschaften dann durchdringen, steht auf einem anderen Blatt. Wer den gelernten Fernsehjournalisten Söder bei den verschiedensten Gelegenheiten erlebt, stellt überdies fest: Der Franke hat schon Freude daran, den Entertainer zu mimen. Ferner ist festzuhalten: Bei Wahlen gelangen dem Social-Media-König der Union bislang zwar nüchterne Erfolge, aber keine triumphalen Siege. Und wie die gesamte Union haben auch Söder und seine CSU bei Umfragen Federn gelassen.
Im Bundestagswahlkampf hat Markus Söder in den vergangenen Monaten eine Rolle gespielt, die ihm zuvor kaum jemand zugetraut hätte. Auch wenn es ihm gelegentlich gegen den Strich gegangen sein mag, Söder hat den loyalen Partner von Friedrich Merz gegeben – treuer Verbündeter und Ratgeber des künftigen Kanzlers, erster Erklärer der Linie von CDU und CSU. Einen möglichen Konflikt mit Merz, nämlich ein Bündnis auch mit den Grünen, hat das Wahlergebnis hauchdünn ausgeschlossen. Auch in einem weiteren Punkt blieb Söder eisern: Er will nicht als Minister nach Berlin, sondern als CSU-Chef von München aus mitregieren – und nun ist die spannende Frage, wie er diese Rolle interpretiert. Denn, dass sich Söder künftig hauptsächlich als Ministerpräsident auf die bayerische Politik beschränkt, glaubt fast niemand – obwohl es daheim in Bayern genügend zu tun gäbe. Also: Wird Söder weiter als loyaler Mitstreiter an der Seite von Merz bleiben oder rutscht er langsam in die Rolle seines großen politischen Vorbilds Franz-Josef Strauß hinein, der den damaligen CDU-Kanzler Helmut Kohl mit Hingabe von München aus piesackte?
Was Markus Söder und Franz-Josef Strauß unterscheidet
Der große Unterschied zu damals sind die Mehrheitsverhältnisse. Die großen Parteien von einst sind reichlich klein geworden, viele Menschen trauen ihnen nicht mehr zu, die Probleme des Landes zu lösen. Das belegen Umfragen zuhauf. Das aktuelle Bündnis aus CDU/CSU und SPD ist zum Erfolg verdammt. Nichts hat der gescheiterten Ampel-Regierung so sehr geschadet wie ihre ständigen Streitereien, das weiß auch Söder. Und nichts würde ihm vermutlich mehr schaden, wenn er als der Streithansel ausgemacht würde, der diese neue Regierung ins Schlingern bringt.
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