Schon 2024, vor dem Bruch der Ampel-Regierung, war klar, dass in der Pflege großer Reformbedarf besteht. An einer Lösung hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zwar gearbeitet, zur Umsetzung ist es aber aufgrund des Ampel-Aus nicht gekommen. Diverse Institutionen und Verbände haben in den letzten Monaten immer wieder Alarm geschlagen und vor der finanziellen Lage der Pflegeversicherung gewarnt.
Für etwas Erleichterung hat da die Erhöhung der Pflegebeiträge um 0,2 Prozentpunkte gesorgt. Trotzdem hat der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) nun in einer Pressemitteilung vor der „dramatischen Finanzsituation der sozialen Pflegeversicherung“ gewarnt. Der Vorstandvorsitzenden Doris Pfeiffer zufolge wird das Geld für 2026 „keinesfalls mehr“ reichen. Was steckt dahinter?
Übrigens: Die Pflegekasse ist in diesem Jahr 30 Jahre alt geworden. Karl Lauterbach zeigte sich zufrieden, monierte aber einen Konstruktionsfehler, den es seit der Einführung der Versicherung gibt. Reformbedarf gibt es trotzdem. Das spiegelt sich auch in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2025 wider.
Finanznot in der Pflegekasse: Wurde das Problem nur auf 2026 verschoben?
Der Pflegebeitrag ist zum 1. Januar 2025 laut der Bundesregierung von 3,4 Prozent um 0,2 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent gestiegen. Notwendig sei der Schritt gewesen, „um die Zahlungsfähigkeit der sozialen Pflegeversicherung sicherzustellen“. Weiter erklärt die Bundesregierung, dass man mit der Beitragserhöhung und den damit verbundenen Mehreinnahmen Zeit gewonnen hätte, um nachhaltige Pflege-Finanzierungskonzepte zu erarbeiten.
Ähnlich sieht das auch Doris Pfeiffer vom GKV. Sie sagt, das Finanzierungsproblem sei mit den Beitragserhöhungen zum Jahreswechsel „nicht gelöst, sondern lediglich aufgeschoben“ worden. Ihrer Annahme nach werde der höhere Beitrag „bestenfalls ausreichen, um die Ausgabensteigerung in diesem Jahr auszugleichen“. Aber für 2026 sieht sie schwarz.
Doch warum ist die Lage so dramatisch? Berechnungen des GKV zufolge liegt das Defizit in der Pflegeversicherung für 2024 bei voraussichtlich 1,55 Milliarden Euro. Für 2025 wird – dank der höheren Beitragseinnahmen – von einem kleineren Minus von „nur“ 300 Millionen Euro ausgegangen. Trotzdem ist Pfeiffer zufolge schon jetzt abzusehen, dass einzelne Pflegekassen erstmals im Februar Liquiditätshilfen aus dem Pflege-Ausgleichsfonds benötigen werden. Damit könne das System in diesem Jahr noch stabilisiert werden, damit die Pflegekassen zahlungsfähig bleiben. Da müsse sich für 2025 niemand Sorgen machen. Aber: „Die Lage ist so ernst wie noch nie“, sagt Pfeiffer.
Finanzierung in der Pflege: Warum ist das Problem so groß?
Dem GKV zufolge sind die Ausgaben für die Leistungen der Pflegeversicherung mit über sechs Milliarden Euro um rund elf Prozent angestiegen. Im Rahmen der Pflegereform 2023 wurden immerhin einige Leistungen zum 1. Januar 2024 erhöht und verbessert. Für 2025 geht der Spitzenverband von einem Anstieg deutlich über elf Prozent aus. Zum Jahreswechsel wurden nämlich alle Leistungen der Pflegekasse um 4,5 Prozent erhöht, außerdem steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen immer weiter an. Im Zeitraum von 2021 bis 2023 ist die Zahl laut dem Statistischen Bundesamt von etwa fünf Millionen um rund 700.000 auf knapp 5,7 Millionen gestiegen.
Pfeiffer zufolge könnten die Gesamtausgaben der Pflegeversicherung in diesem Jahr erstmals über 70 Milliarden Euro betragen. Um die Pflege zukunftsfest zu machen, müsse die Politik nach der Bundestagswahl im Februar schnell handeln und eine Reform auf den Weg bringen. Außerdem müssten „erstens die Gelder zur Finanzierung zahlreicher Corona-Maßnahmen an die Pflegeversicherung zurückzahlt und zweitens die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige dauerhaft“ übernommen werden, fordert Pfeiffer. Auch das würde die Pflegeversicherung entlasten.
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